SIR-2: Spectrometer InfraRed-2 an Bord der ISRO-Mission Chandrayaan-1 zum Mond
Das Instrument SIR-2 ist ein Infrarot-Spektrometer, das für die Fernerkundung der Mondoberfläche gebaut wurde. SIR-2 (Spectrometer InfraRed-2) ist Deutschlands wissenschaftlicher Beitrag zu der indischen Mondmission Chandrayaan-1 lunar. Das Projekt wurde von der Max-Planck-Gesellschaft und von der Europäischen Weltraumbehöorde ESA finanziert und in Zusammenarbeit mit der Universität Bergen (Norwegen) und der polnischen Akademie der Wissenschaften realisiert.
Wissenschaftliche Ziele:
- Kartierung der Zusammensetzung der Mondoberfläche mittels Fingerabdrücken von Mineralen im nahen Infrarot
- Besseres Verständnis der Entstehung und der Entwicklungsgeschichte des Mondes durch die Untersuchung der Zusammensetzung unterschiedlicher Oberflächenformationen (Mare, Berge in Kratern) und Veränderungen in den Neigungen der Mondoberfläche
- Suche nach Wasser in Form hydrierter Minerale oder Eis in Gebieten an den Mondpolen, die sich permanent im Schatten befinden
- Erweiterung des Wissens über Resourcen für eine zukünftige Erforschung des Mondes durch Menschen
Das Instrument:
Das Instrument SIR-2 ist ein hochkompaktes monolithisches Gitterspektrometer, das im nahen infraroten Wellenlängenbereich von 0.9 bis 2.4 Mikrometern arbeitet. Es besitzt eine spektrale Auflösung von of 6 Nanometern und ein Signal-zu-Rauschverhältnis besser als 100. Das von der Mondoberfläche reflektierte Licht wird auf eine Glasfaser fokussiert, die das Licht in der Hauptkörper des Spektrometers leitet. Am Gitter wird der Lichtstrahl aufgespaltet und mit einem Infrarotdetektor mit 256 Pixeln gemessen. Jedes der Pixel ist eine Photodiode, die das ankommende Licht in ein elektrisches Signal umwandelt.
Da das Gesichtsfeld des Spektrometers SIR-2 über die Mondoberfläche streicht, liefert jedes Spekrum einen Ausschnitt der Oberflächenzusammensetzung in Form einer Ellipse, deren Größe durch den Öffnungswinkel des Instruments und der Entfernung von der Mondoberfläche bestimmt wird und beträgt etwa 220 Meter.
Wissenschaftliche Ziele:
Jede planetare Oberfläche besteht aus verschiedenen Mineralen und den daraus gebildeten Gesteinen. Auf der Erde sind die Gesteine fast überall mit Bodenmaterial bedeckt. Letzteres stellt eine Mischung aus erodiertem Gesteinsmaterial und organischen Resten dar. Durch das Fehlen einer Biosphäre auf dem Mond besteht der Mondboden aus pulverisiertem Gesteinsmaterial. Die Erosionsprozesse unterscheiden sich jedoch stark von denen auf der Erde. Da wir nicht in der Lage sind, von allen Oberflächen von Himmelskörpern im Sonnensystem Bodenproben zu entnehmen und zu untersuchen, analysieren wir die von den Mineralen stammenden charakteristischen Eigenschaften des von der Oberfläche reflektierten Sonnenlichts, das wir vom Weltraum aus messen. In manchen Bereichen des Spektrums wird das Sonnenlicht stärker durch die Minerale getreut ober absorbiert und dadurch weniger reflektiert als in anderen Bereichen. In diesen Wellenlängenbereichen entstehen Minima in der Intensität, die sogenannten Absorpionsbänder, vergleichbar mit dem Fingerabdruck eines Menschen, der diesen eindeutig charakterisiert. Der Wellenlängenbereich im nahen Infrarot ist besonders gut geeignet, um Minerale durch Fernerkundung vom Weltraum aus zu identifizieren, weil die am häufigsten im Sonnensystem vorkommenden Minerale in diesem Wellenlängenbereich charakterische Absorptionsmerkmale zeigen, die sich klar voneinander unterscheiden.
Die Abbildung unten zeigt ein Beispiel eines Nahinfrarot-Spektrums. Ein Lherzolit-Gestein wurde pulverisiert und mit einem Infrarot-Spektrometer untersucht. Olivin and Pyroxen sind die Hauptminerale in diesem Gestein. Zusammen mit Plagioklas stellen sie die drei Hauptminerale auf der Mondoberfläche und im gesamten Sonnensystem dar. In einer Mischung dieser Minerale werden die verschiedenen Charakteristika dieser Minerale im Spektrum überlagert, und zwar möglicherweise nicht linear. Pyroxene zeigen Absorptionsbänder im nahen Infrarot bei 1 Mikrometer oder bei 1 und 2 Mikrometern, die von ihrer chemischen Zusammensetzung abhängen. Olivin dagegen zeigt eine breite Absorption bei etwa 1 Mikrometer. Da das Lherzolit-Gestein Olivin und Pyroxen enthält, zeigt sein Spektrum ein Pyroxen-Band bei 1,8 Mikrometer und ein Band bei 1 Mikrometer. Von letzterem ist jedoch nur die Abnahme in der Intensität zu kürzeren Wellenlängen sichtbar. Dieses Band bei 1 Mikrometer ist eine Mischung aus dem 1 Mikrometer-Band des Olivins und dem des Pyroxens. Spektren dieser Art wurden mit dem SIR-2-Instrument entlang der gesamten Umlaufbahn um den Mond im Bereich von 0,9 bis 2,4 Mikrometer aufgenommen.
Was lernt man aus den Nah-Infrarot-Spektren des Mondes?
Die Spektren des von der Oberfläche im nahen Infrarot reflektierten Sonnenlichts liefern drei Arten von Information, aus denen wir die Zusammensetzung der Mondoberfläche ableiten können:
- Die totale Reflektivität beantwortet die Frage: "Haben wir es mit einer hellen oder einer dunklen Oberfläche zu tun?" Dies liefert uns Informationen über die Mineralzusammensetzung und das Alter der Oberfläche. Die Mondoberfläche zeigt hellere und dunklere Gebiete. Die hellen Regionen sind entweder jung oder sie enthalten große Mengen des Minerals Plagioklas, bei dem es sich um das häufigste Mineral auf der Mondoberfläche handelt. Dunkle Gebiete enthalten größere Anteile des Minerals Pyroxen sowie Beiträge von Ilmenit, der zu einer starken Reduktion der totalen Reflektivität führt, ohne markante Absorptionsbänder im nahen Infrarot zu erzeugen.
- Die Position, die Tiefe und die Breite der Absorptionsbänder führt uns zu der Frage: "Welche Art von Mineralen oder Mineralmischungen enthält die Oberfläche, die wir beobachten?" Aus der Erscheinungsform der Absorptionsbänder können wir direkt Informationen über die Oberflächenzusammensetzung ableiten, indem wir die Spektren von der Mondoberfläche mit Vergleichsspektren aus dem Labor vergleichen.
- Die Steigung des Kontinuums im Spektrum liefert Antworten auf die Frage: "Wie alt ist die Oberfläche?" Auf dem Mond und auf anderen Himmelskörpern ohne Atmosphäre beobachtet meinen einen Prozess, der "Space Weathering" genannt wird und der zu einem Dunklerwerden der Oberfläche mit der Zeit führt. Dieser Verwitterungsprozess reduziert die Reflektivität über das gesamte Spektrum, jedoch etwas stärker bei kürzeren Wellenlängen, was zu einem Anstieg in der Steigung des Kontinuums in dem Spektrum führt. Wichtig ist hierbei, dass es sich um die spektrale Reflektivität unter Vernachlässigung der Absorptionbänder handelt.
Mit der Technik der Fernerkundung im nahen Infrarot kann man nur die sehr dünne Oberflächenschicht mit einigen Mikrometer Dicke untersuchen. Um die dreidimensionale Struktur des Mondes zu bestimmen, kann man sich die riesigen Einschläge zunutze machen, denen der Mond in den vergangenen mehr als 4 Milliarden Jahren ausgesetzt war. Diese brachten Material aus größeren Tiefen an die Oberfläche. Die Zentralberge großer Einschlagkrater sind dafür bekannt, dass in ihnen Material aus einigen Kilometern Tiefe an die Oberfläche befördert wurde. Bei den Laven in den Maria handelt es sich sogar um geschmolzenes Material aus bis zu 300 km Tiefe. Mit unseren Methoden können wir daher nicht nur die Mondoberfläche sondern auch Teile seines Inneren untersuchen. Hierdurch gewinnen wir Informationen über die Geschichte des Mondes, und weil die Bildung des Mondes eng mit der Entstehung der Erde verknüpft ist, können wir so auch unseren Heimatplaneten besser verstehen.