WINSUN - New Windows onto the Sun: Erforschung des Magnetfelds der Sonne mit einer Reihe neuer Missionen und Observatorien
ERC Advanced Grant
Das Projekt WINSUN kombiniert eine neue Generation von Beobachtungsdaten mit Computersimulationen, um einen umfassenden Überblick über das Magnetfeld der Sonne zu erhalten. WINSUN wird durch einen ERC Advanced Grant (Grant-Nummer 101097844) von 2023 bis 2028 finanziert und von Sami K. Solanki geleitet.
Die Sonne liefert die für die Erhaltung des Lebens auf der Erde notwendige Energie und ist damit ein Stern von einzigartiger Bedeutung für die menschliche Gesellschaft. Sie ist auch der einzige Stern, dessen Oberfläche wir auflösen können, so dass wir die Fülle der dort ablaufenden komplexen Prozesse, die eine hochdynamische und vielfältige Umgebung schaffen, erkennen können. Ein Großteil der auf der Sonne sichtbaren Struktur und Dynamik wird durch das kompliziert strukturierte Magnetfeld und seine Wechselwirkung mit dem turbulenten Plasma verursacht. Unser Wissen über die grundlegenden physikalischen Prozesse, die die Entwicklung des solaren Magnetfelds von seiner Entstehung bis zu seiner Entfernung von der Sonnenoberfläche bestimmen, und darüber, wie das Feld die Sonnenaktivität und -variabilität antreibt, die sich z. B. in dunklen Sonnenflecken, die immer wieder auf der sichtbaren Oberfläche der Sonne erscheinen, in heftigen Strahlungs- und Teilchenausbrüchen, die die Erde als Sonnenstürme erreichen können, sowie in längerfristigen Veränderungen der Strahlungsintensität manifestieren, ist jedoch noch sehr lückenhaft.
Um diese Lücken zu schließen, wird das Projekt WINSUN, finanziert durch einen ERC Advanced Grant, der Sami Solanki vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung verliehen wurde, leistungsfähige neue Beobachtungsmissionen und -einrichtungen nutzen. Der Zeitpunkt für dieses Unterfangen ist günstig. Ältere Raumsonden und Teleskope liefern den Forschern zwar weiterhin wertvolle Daten, doch die meisten dieser Einrichtungen treten bereits in das zweite Jahrzehnt ihres Betriebs ein. Mit fortschrittlicheren Instrumenten und modernster Technologie haben leistungsstarke neue Missionen und Observatorien gerade begonnen, völlig neue Arten von Beobachtungsdaten zu liefern.
- Solar Orbiter (SO), eine gemeinsame Mission von ESA und NASA, erforscht seit Anfang 2022 die Sonne von einer elliptischen Umlaufbahn aus, die sich der Sonne regelmäßig bis auf ein Drittel der Entfernung zwischen Erde und Sonne nähert und Daten mit der bisher höchsten räumlichen Auflösung liefert. Von besonderem Interesse für dieses Projekt sind zwei Instrumente auf SO, der Polarimetric and Helioseismic Imager (PHI), ein Vektor-Magnetograph, der hochauflösende Karten des Magnetfelds in der Photosphäre liefert, und der Extreme Ultraviolet Imager (EUI), der Bilder der Korona der Sonne im ultravioletten Licht mit nie dagewesener Detailtreue liefert. In den kommenden Jahren wird die zunehmend geneigte Flugbahn der Sonde zum ersten Mal einen vollständigen Blick auf die Pole der Sonne ermöglichen.
- Sunrise ist ein ballongestütztes Sonnenobservatorium, das, nachdem es bereits in 2009 und 2013, an einem Stratosphärenballon hängend, zwei sehr erfolgreiche einwöchige Flüge absolviert hatte, im Juli 2024 mit Erfolg einen dritten Flug (Sunrise III) durchgeführt hat. Mit einem Teleskop-Hauptspiegel von 1 m Durchmesser (dem größten Sonnenteleskop, das jemals den Boden verlassen hat), einer neuen, stabilen Gondel und drei neuen, sehr ambitionierten spektropolarimetrischen Instrumenten ist Sunrise III ein großer Fortschritt gegenüber Sunrise I und II. Die drei Instrumente erlauben die gleichzeitige und räumlich parallele Messung von Magnetfeldern, Strömungen usw. in der Photosphäre und der Chromosphäre in einer Vielzahl von Spektrallinien, die einen weiten Höhenbereich abdecken. Das ermöglicht Sunrise III einen zeitgleichen Zugang zur Photosphäre und Chromosphäre, und das dank der vielen beobachteten Spektrallinien und der drei gelichzeitig beobachtenden Instrumente nahtlos über einen großen Höhenbereich. Das erlaubt es, Störungen durch den größten Teil der Photosphäre und Chromosphäre zu verfolgen. Zusammen mit der Möglichkeit „seeing“-unabhängiger, beugungsbegrenzter Beobachtungen und der Fähigkeit, 24 Stunden am Tag von seiner zirkumpolaren Umlaufbahn aus zu beobachten, macht dies Sunrise III einzigartig.
- Mit einer Apertur von 4 m ist das Daniel K. Inouye Solar Telescope (DKIST) auf Hawaii das weltweit größte Sonnenteleskop, und zwar um einen Faktor von sechs in der Lichtsammelfläche. Das DKIST setzt neue Maßstäbe in Bezug auf die räumliche Auflösung und die Lichtsammelleistung, die für schnelle und empfindliche polarimetrische Messungen erforderlich ist. Eines der Schlüsselinstrumente, der Visible Tunable Filtergraph (VTF), wird voraussichtlich in naher Zukunft mit der Erfassung wissenschaftlicher Daten beginnen. Der VTF ist ein abbildendes Spektropolarimeter, das Karten des Magnetfelds mit einer extrem hohen räumlichen Auflösung in einem Wellenlängenbereich zwischen 520 und 860 nm liefern wird.
- Aditya-L1 ist die erste indische Weltraummission zur Erforschung der Sonne. Sie befindet sich in einer Halo-Umlaufbahn um den Lagrange-Punkt L1 im System Sonne-Erde und sammelt seit Ende 2023 wissenschaftliche Daten. Das Solar Ultraviolet Imaging Telescope (SUIT) an Bord von Aditya-L1 liefert Bilder der gesamten Sonnenscheibe im Wellenlängenbereich von 200-400 nm, der die Photosphäre und Chromosphäre abdeckt. Dies sind die ersten Bilder der gesamten Sonnenscheibe in diesem Wellenlängenbereich, der für die Photochemie des Ozons entscheidend und daher für Studien zum Einfluss der Sonne auf das Klima von Bedeutung ist.
Solar Orbiter, Sunrise III, DKIST und Aditya-L1 werden neue Fenster zur Sonne und ihrem Magnetfeld öffnen. Sie werden die erste freie Sicht auf die Sonnenpole (Solar Orbiter) und die bisher höchste räumliche Auflösung im extremen Ultraviolett (Solar Orbiter) und im sichtbaren Bereich (DKIST) bieten. Sie werden auch ein neues spektrales Fenster zur Photosphäre und Chromosphäre der Sonne erkunden (Sunrise III, Aditya-L1). Die fortschrittliche Instrumentierung, ergänzt durch neuartige Datenanalysetechniken und state-of-the-art magnetohydrodynamische Simulationen, wird es ermöglichen, seit langem existierende und bisher ungelöste komplexe Probleme der Sonnenphysik auf zum Teil völlig neue Weise anzugehen. Die Klärung dieser Probleme wird tiefe Einblicke in den Lebenszyklus des solaren Magnetfelds und seine Auswirkungen auf die Atmosphäre und die Variabilität der Sonne ermöglichen.
Aufgrund ihrer Anstrengungen im letzten Jahrzehnt stehen Solanki und seine Gruppe im Mittelpunkt der neuen Instrumentierung, Datenanalysetechniken und Simulationen. Solanki initiierte und leitete die Sunrise-Mission, er ist Prinzipal Investigator (PI) des PHI-Instruments von Solar Orbiter und er und Mitglieder seiner Gruppe sind Co-Investigator (Co-I) anderer Solar Orbiter-Instrumente. Solanki ist auch Co-I von Aditya-L1 und des VTF-Instruments am DKIST.