ERC Synergy Grant für Sonnenphysik am MPS

Der Europäische Forschungsrat finanziert in den nächsten sechs Jahren ein ehrgeiziges Projekt zur Sonnenphysik am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung.

23. Oktober 2018

Die Sonne als Ganzes zu untersuchen, um den Ursprung der magnetischen Aktivität unseres Sterns zu verstehen, ist Ziel des Forschungsprojektes WHOLESUN. Der Europäische Forschungsrat (ERC) fördert das Projekt, das von vier leitenden Wissenschaftlern am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, an der St. Andrews Universität in Großbritannien, dem französischen Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien (CEA) und der Universität Oslo in Norwegen getragen wird, im Rahmen eines der renommierten Synergy Grants. In den nächsten sechs Jahren werden die Forscher ihre Expertise bündeln um zu verstehen, wie das Magnetfeld im Innern der Sonne erzeugt wird und wie dadurch Sonnenflecken auf der Oberfläche unseres Sterns und Eruptionen in seiner Atmosphäre entstehen. Zu diesem Zweck wird das Team versuchen, die Sonne als Ganzes mit Supercomputern zu modellieren und mit Beobachtungsdaten von Weltraummissionen zu kombinieren.

Ein Blick auf die Sonne mithilfe des NASA-Sonnenobservatoriums Solar Dynamics Observatory.

Der ERC hat jetzt 27 Synergy Grants an Forschergruppen in ganz Europa verliehen. Die begehrte Förderung im Gesamtwert von 250 Millionen Euro ermöglicht es Teams von zwei bis vier leitenden Forschern, ihre Kompetenzen, Kenntnisse und Ressourcen zusammenzuführen, um aktuelle Forschungsfragen gemeinsam anzugehen. Die Synergy Grants sind Teil des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizon 2020“ der Europäischen Union. Das WHOLESUN Projekt hat eine Laufzeit von sechs Jahren und wird mit 11,2 Millionen Euro gefördert.

Heftige Sonneneruptionen schleudern immer wieder geladene Teilchen und Strahlung ins Weltall. „Der Ursprung aller eruptiven Phänomene, die wir in der Atmosphäre der Sonne beobachten, liegt jedoch viel tiefer in unserem Stern", erklärt Prof. Dr. Laurent Gizon, einer der vier leitenden Forscher des WHOLESUN-Projektes und Geschäftsführender Direktor des MPS. Im Inneren der Sonne erzeugen Plasma-Bewegungen die Magnetfelder der Sonne, welche die Sonneneruptionen antreiben.

Vasilis Archontis (Universität St. Andrews, Großbritannien), Allan Sacha Brun (CEA Saclay, Frankreich), Mats Carlsson (Universität Oslo, Norwegen) und Laurent Gizon (Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Deutschland) (von links nach rechts) tragen das Projekt WHOLESUN.

Zu oft teilt sich die Sonnenphysik auf in Untersuchungen des Inneren und der Atmosphäre. „Um zu verstehen, wie die Magnetfelder der Sonne entstehen und sich entwickeln, bedarf es aber einer umfassenderen Betrachtungsweise", betont Dr. Robert Cameron vom MPS. Hier setzt das Forschungsprojekt WHOLESUN an. Das Team wird die notwendigen Werkzeuge im Bereich der numerischen Simulation und der Sonnenbeobachtung entwickeln, um den gesamten Lebenszyklus von Sonnenmagnetfeldern abzubilden – von ihrer Entstehung und Verstärkung im Innern der Sonne über ihren Aufstieg zur Sonnenoberfläche bis zu ihrer eruptiven Dynamik in der Atmosphäre der Sonne. Das MPS wird Know-how im Bereich der Helioseismologie bei der Untersuchung des Sonneninneren einbringen sowie Erfahrungen in numerischer Simulation bei der Modellierung der Oberflächenschichten. „Das WHOLESUN-Projekt ist ein spannender multidisziplinärer Ansatz für die Sonnenphysik, der neue Kooperationen in Europa vorantreiben wird", prognostiziert Prof. Dr. Eric Priest von der University of St Andrews.

Prof. Dr. Laurent Gizon, Geschäftsführender Direktor des MPS

Das WHOLESUN-Projekt wird durch Fortschritte im Supercomputing ermöglicht. „Im Rahmen des Projektes wollen wir numerische Modelle der gesamten Sonne entwickeln, die auf Exascale-Supercomputern laufen werden, die eine Trillion Rechenoperationen pro Sekunde ausführen", erklärt Dr. Allan Sacha Brun vom CEA in Frankreich. Die numerischen Modelle werden mit Beobachtungsdaten kombiniert, um die Lösung vieler offener Rätsel der Sonnenphysik anzugehen. Zum Beispiel ist weder bekannt, wie Sonnenflecken gebildet, noch wie besonders energiereiche Sonneneruptionen ausgelöst werden.

Die Ergebnisse werden nicht nur für die Modellierung der Weltraumumgebung der Erde verwendet, sondern auch für das Verständnis des Magnetismus entfernter Sterne und ihrer Auswirkungen auf Exoplaneten. „Die Wissenschaft, die aus diesem ERC Synergy-Projekt hervorgehen wird, wird uns helfen, uns auf die Exoplaneten-Mission PLATO der ESA im Jahr 2026 vorzubereiten", so Gizon.


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