Helligkeitsschwankungen hartnäckiger Sterne

Eliana Amazo Gómez promoviert als 200. Absolventin der „Solar System School“.

6. November 2020

Die International Max Planck Research School (IMPRS) for Solar System Science at the University of Göttingen erreicht einen Meilenstein: Mit Eliana Amazo Gómez hat jetzt die 200. Doktorandin der IMPRS ihre Doktorarbeit verteidigt und damit ihre Promotion erfolgreich abgeschlossen. Die 33-jährige Kolumbianerin hat eine neue Methode entwickelt, aus den Helligkeitsschwankungen von Sternen auf ihre Rotationsperiode zu schließen. Auf diese Weise konnte sie die Rotationsgeschwindigkeit hunderter Sterne erstmals bestimmen. Mit ihrer Arbeit hat Eliana Amazo Gómez zudem maßgeblich zu einer wissenschaftlichen Überraschung aus dem Frühjahr dieses Jahres beigetragen: der Erkenntnis, dass die Sonne deutlich weniger aktiv ist als sonnenähnliche Sterne, die vergleichbar schnell rotieren. Die IMPRS for Solar System Science at the University of Göttingen ist ein gemeinsames Projekt des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und der Georg-August-Universität Göttingen.

Manche Sterne sind hartnäckig. Selbst nach jahrelangen Beobachtungen durch Weltraumteleskope wie TESS oder Kepler, geben sie nicht preis, wie schnell sie sich um die eigene Achse drehen. Die Rotationsgeschwindigkeit eines Sterns ist eine wichtige Größe, von der unter anderem abhängt, wie variabel und stark seine Magnetfelder sind. „Die Magnetfelder eines Sterns entstehen tief in seinem Innern in einem Dynamoprozess“, erklärt Eliana Amazo Gómez. „Die Eigendrehung des Sterns ist dabei eine entscheidende Zutat“, fügt sie hinzu. Ziel ihrer Doktorarbeit, die sie in der Forschungsgruppe „Verbindung Solarer und Stellarer Variabilität (SOLVe)“ am MPS angefertigt hat, war es deshalb, auch den hartnäckigen Sternen ihr Geheimnis zu entlocken.

Anders als bei der Sonne ist es nicht möglich, die Drehung von Sternen direkt zu beobachten. Dafür sind sie zu weit entfernt; auch hochauflösende Teleskope können Strukturen und Bewegungen auf ihrer Oberfläche nicht sichtbar machen. Bei weniger widerspenstigen Kandidaten können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Rotationsperiode aus dem zeitlichen Verlauf der Helligkeit des Sterns ablesen. „Viele Sterne haben Flecken, dunkle Bereiche auf ihrer Oberfläche, ganz ähnlich wie die Sonnenflecken der Sonne“, erklärt Eliana Amazo Gómez. Solche Flecke verdunkeln den Stern, so dass er weniger hell strahlt als sonst. Wenn sich der Fleck mitsamt der Sternoberfläche aus dem Blickfeld des Betrachters dreht und nach einer vollen Sternumdrehung wiederauftaucht, führt dies zu regelmäßig wiederkehrenden Änderungen in der Helligkeit des Sterns.

Doch diese Herangehensweise funktioniert nicht immer. Bei manchen Sternen schwankt die Helligkeit nur sehr wenig oder die Sternflecke entstehen und vergehen, bevor eine komplette Drehung vollendet ist. In ihrer Doktorarbeit konnte Eliana Amazo Gómez zeigen, dass sich auch in diesen kniffligen Fällen Informationen zur Rotationsgeschwindigkeit im Verlauf der Helligkeit verstecken. Entscheidend ist ein genauer Blick auf die schnellveränderlichen Anteile der Schwankungen.

Sowohl in Modellrechnungen als auch bei der Auswertung echter Messdaten des Weltraumteleskops Kepler hat sich die Methode bewährt. „Mit Hilfe dieser Methode können wir uns nun ein deutlich vollständigeres Bild von den Rotationseigenschaften ganzer Sternenpopulationen machen“, so Dr. Alexander Shapiro, der die Forschungsgruppe „Verbindung Solar und Stellarer Variabilität“ leitet und Eliana Amazo Gómez während ihrer Doktorarbeit betreut hat.

Die neue Methode war zudem eine wichtige Voraussetzung für eine wissenschaftliche Veröffentlichung aus dem Frühjahr dieses Jahres, zu der Eliana Amazo Gómez beigetragen hat. Darin konnten MPS-Forscherinnen und -Forscher zeigen, dass die Sonne im stellaren Vergleich eine Schlafmütze ist: Viele Sterne, die vergleichbar schnell rotieren, sind deutlich aktiver. „Erstmals konnten wir die Sonne mit Sternen vergleichen, die ihr in entscheidenden Eigenschaften ähneln“, fasst die Forscherin zusammen. „Nur durch diese aussagekräftige Vergleichsgruppe lassen sich das Verhalten der Sonne richtig einordnen und bewerten“, fügt sie hinzu.

Eliana Amazo Gómez studierte Physik an der Nationalen Universität von Kolumbien und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo sie sich auf Astrophysik spezialisierte. 2016 begann sie ihre Promotion am MPS im Rahmen der IMPRS for Solar System Science at the University of Göttingen.

Die weltweit einmalige, englischsprachige „Solar System School“ (so der liebevoll abgekürzte Name der IMPRS) führt junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit 2002 zur Promotion. Die Promovierenden erhalten die Möglichkeit, ein Forschungsthema aus dem Bereich der Sonnensystemforschung und sonnenähnlicher Sterne eigenständig, aber in enger Zusammenarbeit mit international renommierten Göttinger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu bearbeiten. Ergänzende Vorlesungen vertiefen das Fachwissen und vermitteln Fähigkeiten wie wissenschaftliches Schreiben und Präsentieren.

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