Sternflecke: So kommen sonnenähnliche Sterne auf Touren
Sternfleckengruppen, die bevorzugt in großen Clustern auftreten, könnten die Ursache für starke Helligkeitsschwankungen sonnenähnlicher Sterne sein.
Im kosmischen Vergleich ist die Sonne ein Langweiler. Während die Helligkeit einiger anderer Sterne, die ihr ähneln, stark schwankt, sind die Ausschläge bei der Sonne deutlich moderater. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen, von der Türkisch-Deutschen Universität und der Boğaziçi Universität in Istanbul und von der Kyung Hee Universität in Yongin, Südkorea haben nun untersucht, wie genau sich Sonnen- beziehungsweise Sternflecken auf dieses Verhalten auswirken. Neben Anzahl und Größe der Flecken spielt ihre Verteilung eine Rolle. Würden Gruppen von Sonnenflecken häufiger in Clustern auftreten, könnten die Helligkeitsschwankungen der Sonne durchaus mit denen ihrer kosmischen Brüder und Schwestern mithalten. Von seinen Ergebnissen berichtet das Team in der heutigen Ausgabe der Fachzeitschrift Astrophysical Journal Letters.
Sonnenflecke, dunkle Bereiche auf der sichtbaren Oberfläche unseres Sterns, gehören zu seinen auffälligsten Eigenschaften. Sie können so gewaltige Ausmaße annehmen, dass sie von der Erde aus ohne Vergrößerung sichtbar sind, und bleiben in der Regel über mehrere Tage bestehen, bevor sie wieder vergehen. In dieser Zeit drehen sie sich zusammen mit der Sonnenoberfläche aus unserem Blickfeld. Auf diese Weise tragen sie zu den Helligkeitsschwankungen der Sonne bei, die sich auf Zeitskalen von einigen Wochen abspielen.
Solche Helligkeitsschwankungen sind auch von fernen Sternen bekannt. Allerdings hatte im April dieses Jahres eine Studie von MPS-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern ergeben, dass die Helligkeitsschwankungen einiger Sterne, die der Sonne in wichtigen Eigenschaften ähneln, deutlich heftiger ausfallen als bei unserem Zentralgestirn. Die Forscherinnen und Forscher hatten die Lichtkurven von mehr als 350 sonnenähnlichen Sternen mit denen der Sonne verglichen. „Wir haben uns gefragt, was die Flecken dieser Sterne von Sonnenflecken unterscheidet. Sind es grundlegende physikalische Eigenschaften? Oder reichen vielleicht schon Kleinigkeiten aus, die Abweichungen zu erklären“, erläutert Dr. Emre Işık, Erstautor der neuen Studie, den Grundgedanken.
Anders als bei der Sonne lassen sich bei Sternen Strukturen auf der Oberfläche nicht direkt beobachten. Dafür sind die Forschungsobjekte zu weit weg. Stattdessen wandten sich die Forscherinnen und Forscher ihren Computern zu – und erzeugten in Simulationen eine Art Versuchsstern. Dieser Stern entspricht der Sonne und anderen sonnenähnlichen Sternen in vielen Eigenschaften; Größe, Anzahl und Verteilung so genannter aktiver Regionen auf der Oberfläche lassen sich jedoch „künstlich“ verändern. Aktive Regionen sind Gebiete besonders hoher magnetischer Feldstärke, die häufig mit Sternflecken einhergehen.
„Offenbar braucht es nicht viel, einen sonnenähnlichen Stern auf Touren zu bringen“, fasst Dr. Alexander Shapiro, der am MPS die Forschungsgruppe „Verbindung Solarer und Stellarer Variabilität“ leitet, die Ergebnisse zusammen. „Die Idee, wie dies klappen könnte, stammt von der Sonne selbst“, fügt er hinzu. Die Helligkeitsschwankungen des Versuchssterns nahmen besonders deutlich zu, wenn seine aktiven Regionen etwas häufiger als bei der Sonne, vor allem aber bevorzugt in enger Nachbarschaft zueinander erschienen. „Es ist üblich, dass Sonnenflecke in Gruppen auftreten. Etwa die Hälfte dieser Gruppen sind wiederum Teil größerer Cluster“, erklärt Işık die Motivation, speziell an dieser Stellschraube zu drehen. „Zunächst entsteht eine einzelne Gruppe von Sonnenflecken, weitere folgen in ihrer Nähe“, beschreibt er. Wie die aktuellen Rechnungen nun zeigen, lassen sich deutlich stärkere Helligkeitsschwankungen erreichen, wenn dieser Hang zur Clusterbildung ausgeprägter ist.
Auch einem weiteren, sonderbaren Verhalten einiger sonnenähnlicher Sterne kamen die Forscherinnen und Forscher so auf die Schliche. Während die Helligkeitsschwankungen einiger dieser Sterne ausgesprochen regelmäßig sind, verlaufen die der Sonne deutlich unordentlicher. Hier könnte der Ort, an dem die Gruppen von Sternflecken auftreten, eine Rolle spielen. Häufen sie sich jeweils an zwei, sich gegenüberliegenden Längengraden, ist ein sehr regelmäßiges Verhalten zu beobachten.
Ob die Flecke ferner Sterne tatsächlich in Clustern und an bestimmen Längengraden auftreten, lässt sich nur schwer überprüfen. Weitere Beobachtungen sind notwendig. „Unsere Rechnungen zeigen aber, dass die Sonne möglicherweise kein so ausgeprägter Sonderling ist, wie zunächst gedacht“, so MPS-Direktor Prof. Dr. Sami K. Solanki. „Möglicherweise unterscheidet sie sich nur in einigen Kleinigkeiten von den meisten ihrer Geschwister“.