Aktivität von Kometen und Asteroiden
Die Gruppe untersucht die Aktivität von Kometen und Asteroiden. Die Kleinkörper im Sonnensystem, zu denen auch Kometen und Asteroiden gehören, sind Überreste der Planetenentstehung. In den ca. 4,5 Milliarden Jahren seit ihrer Entstehung waren diese Körper jedoch einer Vielzahl von Prozessen ausgesetzt, die ihre Struktur und Zusammensetzung beeinflusst haben können. Es ist daher nicht offensichtlich, welche Schlussfolgerungen auf ihre ursprünglichen Eigenschaften wir von ihrem gegenwärtigen Zustand ziehen können. Die Freisetzung von Gas und Staub (=Aktivität) durch einen Kometen oder Asteroiden ist ein Nebenprodukt von gegenwärtig ablaufenden Erosionsprozessen. Die Untersuchung der Aktivität liefert Aufschluss darüber, wie sich Kometen und Asteroiden mit der Zeit verändern, und welche Eigenschaften ihre Oberfläche und die darunter liegenden Schichten aufweisen. Wir verfolgen einen interdisziplinären Ansatz um die Aktivität und das abgetragene Material zu untersuchen. Dazu analysieren wir Daten, die von der Raumsonde Rosetta der Europäischen Weltraumagentur ESA am Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufgenommen wurden, und Daten von bodengebundenen Teleskopen und Weltraumteleskopen. Die Verbindung zwischen verschiedenen Datensätzen wird durch numerische Modellierung physikalischer Prozesse hergestellt.
Kometenaktivität
Die Daten von Rosetta zeigen, dass die Aktivität des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko unter anderem durch dessen Topographie, Kerngestalt, Umlaufbahn um die Sonne und die Ausrichtung der Rotationsachse beeinflusst wird, und dass verschiedene Prozesse zur Aktivität beitragen. Die Aktivität hat eine reguläre Komponente, die sich periodisch mit der Eigenrotation des Kerns wiederholt, und eine irreguläre Komponente, die sich in scheinbar spontanen Helligkeitsausbrüchen zeigt. Sie unterliegt ferner einem jahreszeitlichen Wandel. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Aktivität durch die Energie der Sonneneinstrahlung unterhalten. Aber die genauen Abläufe, die zum Abheben und Beschleunigen von Staub und Trümmerteilen führen, sind weitgehend unverstanden. Wir untersuchen die Aktivität aus der Perspektive mehrerer Rosetta-Instrumente, um die Eigenschaften des freigesetzten Materials und die durch Aktivität verursachten Veränderungen an der Oberfläche festzustellen. Das Verständnis dessen, wie Sonneneinstrahlung die oberen Schichten eines Kometen verändert, wie Energie dort gespeichtert und wieder freigesetzt wird, liefert uns Erkenntnisse über die Struktur und Zusammensetzung des Kometenmaterials.
Asteroidenaktivität
Kometen haben einen Großteil der Zeit seit ihrer Entstehung im kalten äußeren Sonnensystem jenseits der Neptunbahn verbracht. Asteroiden dagegen umkreisen die Sonne unter wärmeren Bedingungen zwischen den Bahnen des Mars und des Jupiters, so dass sie an vielen leicht flüchtigen Bestandteilen abgereichert sind. In den vergangenen Jahren wurde bei ca. 20 Asteroiden temporäre Staubaktivität beobachtet. Diese Asteroiden unterteilen sich in mindestens zwei Untergruppen. Bei einer dieser Untergruppen wird die Aktivität wahrscheinlich durch sublimierendes Eis, ähnlich wie bei Kometen, verursacht. Die Aktivität der anderen Untergruppe wird durch instantane Vorgänge wie Einschläge oder das Auseinanderbrechen infolge schneller Rotation verursacht. Wir beobachten aktive Asteroiden mit bodengebundenen Teleskopen und mit dem Hubble-Weltraumteleskop. Aus dem Erscheinungsbild und der zeitlichen Veränderung des Staubschweifs, hervorgerufen durch Gravitation und Strahlungsdruck der Sonne, rekonstruieren wir die Anfangsgeschwindigkeit und Größenverteilung des Staubs und den Zeitpunkt und die Dauer der Aktivität. Diese Parameter liefern Hinweise auf die Art des Freisetzungsprozesses. Zusätzlich messen wir die Rotationsperioden aktiver Asteroiden. Das Ziel dieser Untersuchungen ist, die relative Bedeutung verschiedener Emissionsprozesse zu ermitteln.
Eis in Kometen und Asteroiden
Das Mischungsverhältnis und der Grad der Vermischung von Staub und Eis in Kometen beziehungsweise Asteroiden ist derzeit Gegenstand der aktuellen Forschung. Diese Aspekte sind von maßgeblicher Bedeutung für das Verständnis der Entstehung der Planeten und ihrer Vorläufer.
Wir untersuchen das Verhältnis von Staub zu Eis in Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko in großen Trümmerstücken, die möglicherweise Eis enthalten, durch numerische Modellierung ihrer thermischen Eigenschaften und ihrer Bewegung.
Eine Bestimmung des gegenwärtigen Wassereisgehalts von Kometen und Asteroiden ist relevant für das Verständnis der Herkunft des Wassers auf der Erde. Denn beide Populationen von Kleinen Körpern könnten in einer früheren turbulenten Entwicklungsphase des Sonnensystems vor ungefähr 4 Milliarden Jahren beträchtliche Mengen an Wasser durch Einschläge auf unsere Erde gebracht haben.
Physikalische Eigenschaften von Staub
Die meisten Kometen und Asteroiden sind uns nur durch die Beobachtung gestreuten Sonnenlichts oder thermischer Strahlung zugänglich. Um derartige Beobachtungen zu interpretieren, muss man die optischen und thermischen Eigenschaften des Materials in Verbindung zu anderen, meist nicht direkt messbaren Eigenschaften setzen. Solche Parameter sind zum Bespiel die Größenverteilung, Dichte, Struktur und Zusammensetzung, und sie wurden von verschiedenen Rosetta-Instrumenten und in den von den Raumsonden Stardust und Hayabusa zur Erde gebrachten Proben untersucht. Wir verbinden diese Daten mit Modellen der Lichtstreuung und Wärmestrahlung, um ein umfassendes Bild der Eigenschaften von Kometenstaub zu erlangen.
Komet 67P in einem größeren Zusammenhang
Raumsonden können nur eine kleine Anzahl von Körpern im Sonnensystem erforschen. Für die Mehrzahl der Kleinkörper sind wir auf Beobachtungen mit Teleskopen angewiesen. Wir untersuchen mittels numerischer Rechnungen zur Staubbewegung, wie sich Prozesse in der unmittelbaren Nähe des Kometen im Erscheinungsbild seines Schweifs widerspiegeln, und wie sich individuelle Faktoren eines Kometen (z. B. Jahreszeiten, Kerngestalt und Helligkeitsausbrüche) auf dessen Schweif auswirken. Dadurch können wir das Potential und die Grenzen bodengebundener Beobachtungen von Kometen besser einschätzen.