Spitzenleistungen ausgezeichnet

Zwei Nachwuchsforscher aus Göttingen erhalten die Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft.

26. Juni 2025

Für herausragende Leistungen in ihren Dissertationen erhalten die Wissenschaftler Björn Müller vom MPI für Sonnensystemforschung (MPS) und Cai Dieball vom Max-Planck-Institut (MPI) für Multidisziplinäre Naturwissenschaften die Otto-Hahn-Medaille. Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) vergab die Preise im Rahmen ihrer Jahresversammlung am 25. Juni in Magdeburg.

Blick ins Innere der Sonne

Die Sonne ist ein launischer Stern: In Phasen hoher Aktivität gleicht sie einem Feuerwerk und schleudert in heftigen Ausbrüchen immer wieder gewaltige Mengen an Strahlung und Teilchen ins All. In Phasen niedriger Aktivität beruhigt sie sich. Ursächlich für dieses wechselhafte Verhalten sind gewaltige Plasmaströme, die im Innern der Sonne fließen. Direkt lassen sie sich nicht beobachten. Doch mit Methoden der Helioseismologie ist es möglich, von den Schwingungen der Sonne, die sich an ihrer Oberfläche zeigen, auf die Plasmabewegungen in ihrem Innern zu schließen. Zahlreiche Raumsonden im Weltall und Sonnenteleskope auf der Erde liefern entsprechende Messdaten.

Traditionelle Verfahren der Helioseismologie nutzen das Potential dieser Messdaten nicht voll aus, sondern verarbeiten nur einen Teil der darin enthaltenen Information. In seiner Doktorarbeit hat Björn Müller vom MPS die theoretischen Grundlagen für eine neue helioseismologische Methode entwickelt, die iterative helioseismische Holographie. Die Methode stellt extrem hohe Anforderungen an Rechenleistung und Speicherkapazität, verwertet aber die gesamte, in helioseismischen Messdaten enthaltene Information. Wie der Otto-Hahn-Preisträger zeigen konnte, gelingt so ein deutlich genauerer „Blick“ unter die Oberfläche der Sonne: Die iterative helioseismische Holographie birgt das Potential, Vorgänge im Innern der Sonne mit deutlich höherer räumlicher Auflösung abzubilden als bisher. Dies könnte es beispielsweise in Zukunft ermöglichen, die leichte Asymmetrie der Plasmaströme auf der Nord- und Südhalbkugel der Sonne sichtbar zu machen und ihre Auswirkungen auf das Verhalten der Sonne zu verstehen.

Björn Müller hat an der Universität Göttingen Physik und Mathematik studiert. Bereits in seiner Bachelorarbeit beschäftigte er sich mit der numerischen Behandlung inverser Probleme aus dem Bereich der Sonnenphysik. 2020 schloss er sein Masterstudium mit einer Forschungsarbeit über Galaxienkerne ab. Seine Dissertation, die er in den folgenden drei Jahren am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in der Abteilung „Das Innere der Sonne und der Sterne“ anfertigte, führte ihn zurück zur Sonne sowie zur Theorie und Numerik inverser Probleme. Betreut wurde er während der Promotion von Laurent Gizon, Geschäftsführender Direktor des MPS und Professor am Institut für Astrophysik und Geophysik der Universität Göttingen, und von Thorsten Hohage, Professor am Institut für Numerische und Angewandte Mathematik der Universität Göttingen und Max-Planck-Fellow. Die Promotion erfolgte im Rahmen der International Max Planck Research School for Solar System Research an der Universität Göttingen. Seit 2023 forscht Björn Müller als Postdoc am MPI für Sonnensystemforschung. Mit Hilfe der neu entwickelten Methode der iterativen helioseismischen Holographie wertet er aktuell Messdaten der Raumsonde Solar Dynamics Observatory aus.

Stochastische Dynamik in kleinen Systemen

Atome und Moleküle sind in ihrer mikroskopischen Welt in ständiger, thermischer Bewegung. Daher unterliegen kleine biophysikalische Systeme, wie beispielsweise molekulare Maschinen, einer zufälligen Dynamik.

Cai Dieball untersuchte in seiner Doktorarbeit die Eigenschaften dieser zufälligen Dynamik entlang einzelner Bewegungspfade, sogenannter Trajektorien, aus der Sicht der mathematischen Physik. Er fokussierte sich dabei auf das mathematische Konzept der stochastischen Analysis, ein Werkzeug zur Modellierung von Zufallsprozessen, welches die Beschreibung von sich verändernden Trajektorien erlaubt. Dieser Ansatz liefert neue Ergebnisse über bestimmte physikalische Messgrößen, wie lokale Dichten und Ströme. Zusätzlich konnte Dieball Erkenntnisse dazu gewinnen, welche thermodynamischen „Kosten“ – beispielsweise Wärmeabgabe – die Präzision von molekularen Maschinen und aktiven Prozessen verursacht. Darüber hinaus untersuchte Dieball eine Asymmetrie zwischen Abkühlen und Erwärmen fern vom thermischen Gleichgewicht.

Cai Dieball studierte Mathematik und Physik an der Universität Göttingen sowie „Applied Mathematics and Theoretical Physics“ an der University of Cambridge (Vereinigtes Königreich). Anschließend promovierte er in der Forschungsgruppe Mathematical bioPhysics bei Aljaž Godec am MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften. 2023 schloss er seine Promotion ab, für die er mit dem Born-Franck-Dissertationspreis der Fakultät für Physik der Universität Göttingen ausgezeichnet wurde. Aktuell führt Dieball seine Arbeit in der Forschungsgruppe als Postdoktorand fort und plant seine weiteren Schritte in der Wissenschaft.

Über die Otto-Hahn-Medaille

Seit 1978 zeichnet die MPG jährlich Nachwuchsforschende für außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen und herausragende Promotionen mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Der Preis ist mit 7.500 Euro dotiert.

 

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