Schrammen auf Ceres

Kurz vor der Ankunft in der neuen Umlaufbahn sendet die Dawn-Kamera detaillierte Bilder des Zwergplaneten Ceres zur Erde.

28. Mai 2015

Letzter Zwischenstopp bevor die NASA-Raumsonde Dawn am 6. Juni ihrer neue Umlaufbahn nur 4400 Kilometer über der Oberfläche des Zwergplaneten Ceres erreicht: Am 23. Mai öffnete das Kamerasystem an Bord der Sonde seine Augen, um neue Bilder einzufangen. Sie helfen, die Sonde sicher und auf vorbestimmter Route an ihr Ziel zu führen. Gleichzeitig bieten die Aufnahmen mit 480 Metern pro Pixel die bisher beste Auflösung des Zwergplaneten.

„In einigen Kratern sehen wir nun hellere Flecke, die so klein sind, dass wir sie in früheren Aufnahmen nicht ausmachen konnten“, beschreibt Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS), der das Kamerateam leitet. Bereits in der Anflugphase waren den Wissenschaftlern vergleichbare, jedoch größere und zum Teil erheblich hellere Regionen aufgefallen. Um welches Material es sich dort handelt, ist noch unklar. Neben gefrorenem Wasser, das Forscher auch unter der Oberfläche von Ceres vermuten, kommen auch helle Salzminerale in Frage. Die auffälligsten dieser Flecken waren bei den aktuellen Aufnahmen nicht im Gesichtsfeld der Kamera.

Das heute veröffentlichte Bild zeigt einen der größeren Krater der Nordhalbkugel sowie die Region südlich davon zwischen 13 und 51 Grad nördlicher Breite und 182 und 228 Grad östlicher Länge. Um einen realistischeren Eindruck von der Oberfläche zu bekommen, wurde die Aufnahme auf einen Ellipsoid projiziert.

Bei genauem Hinsehen lassen sich unterhalb des großen Kraters Ketten kleinerer Krater erkennen. Zum Teil liegen sie so dicht bei einander, dass sie wie langgezogene Schrammen aussehen.
Kraterketten dieser Art treten auch auf anderen Himmelskörpern wie Mond, Mars und mehreren Asteroiden auf. Auch der Protoplanet Vesta, das erste Ziel der Dawn-Mission, zeigt solche Strukturen. Oftmals entstehen sie als Folge eines heftigen Einschlags, der zunächst einen großen Krater in die Oberfläche reißt. Aus diesem wird Material herausgeschleudert; dort wo es auf die Oberfläche trifft, entstehen kleinere Krater. Wissenschaftler sprechen von Primär- und Sekundärkratern.

„Sekundärkrater sind nützliche Werkzeuge bei der Altersbestimmung von Oberflächenstrukturen“, erklärt Thomas Platz vom MPS, Mitglied des Kamerateams. Sie finden sich zum Teil in großer Entfernung von ihrem Primärkrater, sind aber genauso alt wie dieser. Strukturen, welche die Sekundärkrater überdecken oder unter ihnen hervorschauen, können so im Vergleich zum Primärkrater datiert werden. „Auf diese Weise wird es möglich, das Alter weit entfernter Oberflächen zu einander in Beziehung zu setzen“, so Platz.

Ob die Kraterketten, die in der aktuellen Aufnahme zu sehen sind und zum Teil in derselben Richtung verlaufen, alle zu ein und demselben Primäreinschlag gehören, ist noch unklar.

Die Dawn Mission wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Göttingen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.

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