Vom Staubkörnchen zum Planeten

Gefördert durch ein Starting Grant des Europäischen Forschungsrats simuliert Dr. Joanna Drążkowska am MPS die frühen Phasen der Planetenentstehung.

1. September 2022

Die Abteilung für Planetenwissenschaften des Göttinger Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) bekommt Verstärkung: Seit heute leitet Dr. Joanna Drążkowska die neue Forschungsgruppe PLANETOIDS. Zusammen mit ihrem Team untersucht die Wissenschaftlerin mit Hilfe von Computersimulationen, wie sich in der Umgebung junger Sterne die Bausteine späterer Planeten bilden. Der Europäische Forschungsrat (ERC) unterstützt dieses Vorhaben in den nächsten fünf Jahren mit einem seiner begehrten Starting Grants. Das ambitionierte Forschungsprojekt ermöglicht nicht nur einen Blick zurück in die früheste Vergangenheit unseres eigenen Sonnensystems, sondern hilft auch zu erklären, wie ferne Planetensysteme entstanden sind.
 

Sterne sind offenbar nicht gern allein. Neben unserer eigenen Sonne sind mittlerweile mehr als 3700 weitere Sterne bekannt, die sich mit mindestens einem Planeten umgeben. Viel spricht dafür, dass das Entstehen von Planetensystemen im kosmischen Vergleich eher die Regel als die Ausnahme ist. Umso verwunderlicher ist es, dass dieser Vorgang selbst noch längst nicht verstanden ist – nicht einmal für unser eigenes Sonnensystem. An dieser Stelle setzt die neue MPS-Forschergruppe PLANETOIDS von Dr. Joanna Drążkowska an.

Dr. Drążkowskas Augenmerk richtet sich vor allem auf die frühen Phasen der Planetenentstehung, die von anderen Modellen und Studien meist ausgespart werden. Am Anfang des planetaren Werdegangs steht eine Scheibe aus Staub und Gas, die um einen noch jungen Stern rotiert. Wie, wann und wo entstehen aus diesem Staub die Planetesimale, kilometergroße Brocken, die als Bausteine der späteren Planeten gelten? „Ein umfassendes und detailliertes Modell, dass alle Phasen und Prozesse der frühen Planetenentstehung vereint, gibt es bisher nicht“, erklärt die Forscherin.

Realistischere Computermodelle

In der klassischen Vorstellung ballt sich der Staub zu kleinen Körnchen zusammen, die ihrerseits nach und nach zu immer größeren Brocken verschmelzen – bis am Ende dieser Entwicklung ein sonnensystemähnliches Planetensystem entstanden ist. Doch viele neue astronomische Beobachtungen wie etwa der Staub- und Gasscheiben junger Sterne oder „typischer“ Exoplanetensysteme widersprechen diesem sehr gradlinigen Modell.

Ziel der Arbeitsgruppe PLANETOIDS ist es deshalb, in den nächsten Jahren Computermodelle zu entwickeln, die den Übergang der ursprünglichen „Baumaterialien“ in den Gas- und Staubscheiben junger Sterne zu Planetesimalen exakter und realistischer beschreiben als bisher. Einfließen sollen unter anderem die genauen Strömungen, die innerhalb der Gas- und Staubscheiben vorherrschen, sowie die Eigenschaften der Staubteilchen selbst wie etwa ihre „Klebrigkeit“.

„Wir wollen die grundlegenden Prinzipien der frühen Planetenentstehung entschlüsseln und verstehen, warum und wie die sehr verschiedenen Planetensysteme entstanden sind, die wir heute kennen“, so Dr. Joanna Drążkowska.

Dr. Joanna Drążkowska hat an der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń (Polen) Astronomie studiert. Bereits in ihrer Promotion an der Universität Heidelberg beschäftigte sie sich mit der Entstehung von Planetesimalen. Es folgten Forschungsaufenthalte an der Universität Zürich (Schweiz) und der Ludwig-Maximilians-Universität in München (Deutschland). Im vergangenen Jahr zeichnete die Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics die Wissenschaftlerin mit dem Early Career Award aus. Der Europäische Forschungsrat (englisch: European Research Council, ERC) fördert das aktuelle Forschungsvorhaben Drążkowskas in den nächsten fünf Jahren mit knapp 1,5 Millionen Euro.

 

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