Sonnenstürme früher als bisher vorhersagen
Mit Hilfe eines Proof of Concept Grants des Europäischen Forschungsrats geht Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg neue Wege bei der Vorhersage des Weltraumwetters.
Eine innovative Methode vor Sonnenstürmen zu warnen, will Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg von der Aalto-Universität in Espoo (Finnland) und vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen in den nächsten anderthalb Jahren entwickeln. Der Europäische Forschungsrat (ERC) unterstützt das Vorhaben mit einem Proof of Concept Grant. Diese Art der Förderung ist ambitionierten Forschungsprojekten vorbehalten, die das Potential haben, drängende gesellschaftliche Fragen zu lösen. Die neuartigen Vorhersagen der Sonnenaktivität könnten früher als bisher vor Sonnenstürmen warnen, so dass sich Erdsatelliten und andere technische Infrastruktur besser schützen lassen. Während aktuelle Vorhersagemethoden vor allem die Vorgänge an der Sonnenoberfläche beobachten, setzt Prof. Dr. Korpi-Lagg auf einen Blick auf die Magnetfelder im Innern der Sonne.
Die Sonne schleudert immer wieder Teilchen und Strahlung in heftigen Eruptionen ins All. Ihren Ursprung nehmen die Eruptionen in aktiven Regionen an der Oberfläche der Sonne. Das sind Gebiete, die ständig entstehen und wieder vergehen und sich durch besonders starke Magnetfelder auszeichnen. Treffen die Sonnenteilchen auf die Erdatmosphäre, lösen sie dort so genannte Sonnenstürme aus. In besonders heftigen Fällen gehen diese nicht nur mit malerischen Polarlichtern einher, sondern können auch Erdsatelliten und technische Infrastruktur auf der Erde lahmlegen. Davon sind unter anderem Stromversorgung, Telekommunikation und GPS-Systeme betroffen.
„Bisher lassen sich Sonnenstürme erst dann vorhersagen, wenn sich die dazugehörige aktive Region bereits an der Oberfläche der Sonne zeigt“, erklärt Prof. Dr. Korpi-Lagg. „Die dort emittierten Sonnenteilchen bewegen sich jedoch sehr schnell durchs All, so dass die Vorwarnzeit möglicherweise nicht ausreicht, um technischen Infrastruktur zu schützen“, gibt die Forscherin zu bedenken.
Mit ihrer neuen Methode wollen die Forscherin und ihr Team früher im Entstehungsprozess der Sonnenstürme ansetzen. Ziel ist es vorherzusagen, wann und wo kritische aktive Regionen entstehen, bevor sie an der Sonnenoberfläche zu sehen sind. Im Vergleich zu bisherigen Weltraumwettervorhersagen würde dies einen Vorsprung von einigen Tagen bedeuten.
Große und komplexe Datenmengen
Entscheidend für dieses Vorhaben sind die Magnetfelder im Innern der Sonne. Auf direktem Wege lassen sie sich nicht beobachten. Das Team setzt deshalb auf spezielle Schwerewellen des Sonnenplasmas, die sich an der Oberfläche der Sonne zeigen und auf die hochdynamischen Magnetfelder im Innern des Sterns schließen lassen. Netzwerke von Sonnenteleskopen auf der Erde und im All zeichnen diese Wellen ständig auf. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Prof. Dr. Korpi-Lagg haben in den vergangenen Jahren Computermodelle entwickelt, um aus solchen Beobachtungsdaten die Magnetfelder im Innern zu berechnen. Da dafür sehr große und komplexe Datenmengen verarbeitet werden müssen, nutzt das Team unter anderem Hochleistungsrechner am MPS.
„Die Modelle, die wir im Rahmen des neuen Forschungsprojektes entwickeln, sollen die Beobachtungsdaten in Echtzeit verarbeiten und nutzen Methoden des maschinellen Lernens, um Sonnenstürme möglichst früh vorherzusagen“, beschreibt Prof. Dr. Korpi-Lagg die Vorgehensweise. Auf diese Weise soll Open Source Software entstehen, die sich in die weltweit bereits bestehende Infrastruktur zur Vorhersage von Weltraumwetter integrieren lässt.
Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg ist ausgebildete Astronomin, hat sich aber während ihrer gesamten Laufbahn mit Computermodellierung beschäftigt und hat derzeit eine außerordentliche Professur für Informatik inne. Auf Studium und Promotion an der Universität von Oulu (Finnland) folgten Forschungsaufenthalte in Newcastle (England), Toulouse (Frankreich), Kopenhagen (Dänemark) und Helsinki (Finnland). Seit 2013 forscht Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg an der Aalto Universität (Finnland), seit 2016 zudem am MPS. Der Europäische Forschungsrat unterstützt ihre Forschung seit 2019 mit dem ERC Consolidator Grant „Building a Unified Theory of Stellar Dynamos“. Eine solche, bereits bestehende Förderung durch den ERC ist eine der Voraussetzungen für einen Proof of Concept Grant.