Solar Orbiter:
Erster Film von koronalen Massenauswürfen
Aus der halben Entfernung zwischen Sonne und Erde haben die Instrumente Metis, EUI und SoloHI Daten von zwei koronalen Massenauswürfen eingefangen.
In den Tagen um den 10. Februar dieses Jahres hatte Solar Orbiter einen einzigartigen Blick auf die Sonne: In einer Entfernung von nur etwa 75 Millionen Kilometern (das entspricht dem halben Abstand zwischen Erde und Sonne) flog die ESA-Raumsonde an der erdabgewandten Seite der Sonne vorbei. Da die Sonde ihre endgültige Umlaufbahn um die Sonne noch nicht erreicht hat, waren zu diesem Zeitpunkt einige der wissenschaftlichen Instrumente nur zur Inbetriebnahme eingeschaltet. Dennoch haben der Koronagraph Metis, der Extreme Ultraviolet Imager (EUI) und der Heliospheric Imager (SoloHI) zwei spektakuläre koronale Massenauswürfe (CMEs) eingefangen, die nun erstmals im Film zu sehen sind. Zusammen mit den Beobachtungsdaten anderer Weltraumobservatorien ergibt sich so der erste Rundum-Blick auf solche Ereignisse. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Ingenieurinnen und Ingenieure des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen haben zu den Instrumenten Metis und EUI beigetragen; die Auswertung der Messdaten dauert an.
Solar Orbiter blickt mit drei Instrumenten auf einen koronalen Massenauswurf
Solar Orbiter startete am 10. Februar 2020 ins All und befindet sich derzeit noch auf der „Anreise“, bevor im November dieses Jahres die wissenschaftliche Hauptmission beginnt. Während die vier In-situ-Instrumente bereits regelmäßig wissenschaftliche Daten über die Weltraumumgebung in der Nähe der Raumsonde sammeln, konzentriert sich der Betrieb der sechs Fernerkundungsinstrumente während der Reisephase hauptsächlich auf die Kalibrierung der Instrumente. Sie sind nur im Rahmen bestimmter Checkout-Phasen und bestimmter Kampagnen aktiv.
Der nahe Perihel-Vorbeiflug an der Sonne am 10. Februar 2021, der die Sonde auf eine Entfernung von nur 75 Millionen Kilometer an die Sonne heranführte, war eine solche Gelegenheit für die Teams, spezielle Beobachtungen durchzuführen und die Instrumenteneinstellungen zu überprüfen, um sich optimal auf die bevorstehende Wissenschaftsphase vorzubereiten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Raumsonde von der Erde aus gesehen "hinter" der Sonne, was zu sehr niedrigen Datenübertragungsraten führte. Die Messdaten wurden daher zunächst an Bord gespeichert und es hat lange gedauert, bis sie vollständig heruntergeladen waren. Sie werden derzeit noch ausgewertet.
Zufällige Beobachtungen
Durch einen glücklichen Zufall fingen drei der Fernerkundungsinstrumente von Solar Orbiter in den Tagen nach der größten Annäherung an die Sonne zwei koronale Massenauswürfe ein. Der Extreme Ultraviolet Imager (EUI), der Heliospheric Imager (SoloHI) und der Metis-Koronagraph konnten verschiedene Aspekte von zwei CMEs sichtbar machen, die im Laufe des Tages ausbrachen.
Die ESA-Raumsonde Proba-2 und das Solar und Heliospheric Observatory (SOHO) von NASA und ESA konnten diese Ergebnisse derweil von der „Vorderseite“ der Sonne aus beobachten; auch die NASA-Sonde STEREO-A erhaschte von abseits der Sonne-Erde-Linie einen Blick. Auf diese Weise ergibt sich ein globaler Blick auf die beiden CMEs.
Für SoloHI war dies der erste koronale Massenauswurf, den das Instrument gesehen hat. Metis hatte bereits am 17. Januar dieses Jahres und EUI im November letzten Jahres einen entdeckt, während die In-situ-Detektoren der Raumsonde ihren ersten CME kurz nach dem Start im April 2020 einfangen konnten. Viele der In-situ-Instrumente entdeckten auch Teilchenaktivität rund um die CMEs im Februar 2021; die Daten werden derzeit analysiert und zu einem späteren Zeitpunkt präsentiert.
Weltraumwetter
CMEs sind ein wichtiger Teil des so genannten Weltraumwetters. Die Teilchen lösen auf Planeten mit Atmosphären Polarlichter aus, können aber auch Fehlfunktionen in einigen Technologien verursachen und für ungeschützte Astronauten schädlich sein. Deshalb ist es wichtig, CMEs zu verstehen und ihre Ausbreitung im Sonnensystem verfolgen zu können.
Die Untersuchung von CMEs ist nur ein Aspekt der Mission von Solar Orbiter. Die Sonde wird auch noch nie dagewesene Nahaufnahmen von der Sonne sowie Aufnahmen aus hohen solaren Breitengraden liefern und damit die ersten Bilder von den unerforschten Polarregionen der Sonne einfangen. Zusammen mit Messungen des Sonnenwinds und des Magnetfelds in der Umgebung der Sonde wird die Mission neue Erkenntnisse darüber liefern, wie unser Stern im Hinblick auf den 11-jährigen Sonnenzyklus funktioniert und wie wir Phasen mit stürmischem Weltraumwetter besser vorhersagen können.