Auf den Spuren der Strahlungsgürtel des Saturn
Dr. Elias Roussos vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung erhält Nachwuchspreis der European Geoscience Union.
Die innerste Hülle aus hoch energetischen, geladenen Teilchen, die den Saturn als so genannter Strahlungsgürtel umgibt, wird durch einfallende kosmische Strahlung erzeugt. Darauf deuten Messergebnisse der NASARaumsonde Cassini hin, die Wissenschaftler um Dr. Elias Roussos vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau ausgewertet haben. Die Daten beweisen zudem erstmals, dass die variierende Aktivität der Sonne diesen Entstehungsprozess beeinflusst. Für diese Forschungsergebnisse und seine weiteren Arbeiten zu den Strahlungsgürteln des Saturn hat die European Geoscience Union (EGU) Dr. Elias Roussos gestern mit dem Nachwuchspreis "Outstanding Young Scientist Award 2011" der Abteilung "Planetary and Solar System Sciences" ausgezeichnet.
Wie die Erde hüllen sich auch die Gasriesen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun in einen Torus aus hoch energetischen, geladenen Teilchen, die im Magnetfeld des jeweiligen Planeten gefangen sind. Die irdischen Van-Allen-Gürtel etwa, die der amerikanische Astrophysiker James Van Allen 1958 erstmals nachweisen konnte, enthalten in einer inneren Zone Protonen, in einer äußeren Elektronen. Beide Teilchensorten sind entweder eingefangene Komponenten des Sonnenwindes, den die Sonne ins All schleudert, oder entstehen aus der Wechselwirkung kosmischer Strahlung mit den Molekülen in der Magnetosphäre der Erde. Die geladenen Teilchen sind im Magnetfeld der Erde gefangen und bewegen sich ununterbrochen entlang der Magnetfeldlinien zwischen Nord- und Südpol hin und her.
Die Strahlungsgürtel des Saturn sind deutlich komplexer aufgebaut. Hauptgrund sind die inneren Monde des Gasriesen, die auf ihrer stetigen Reise um den Saturn Schneisen in den Strahlungsgürtel "fressen", wie kosmische Staubsauger. Besonders der innerste Gürtel, der sich innerhalb der Umlaufbahn des dritten Mondes Tethys erstreckt, gibt Wissenschaftlern noch Rätsel auf. Denn welcher Prozess dort die geladene Teilchenhülle erzeugt, war bisher unklar. Erst die umfangreichen Messdaten, welche die NASA-Raumsonde Cassin seit 2004 im Saturnsystem sammelt, haben es Roussos nun ermöglicht, diese Frage zu beantworten.
"Da die äußeren Monde des Saturn ein "Einwandern" geladener Teilchen von weiter außen verhindern, müssen die Protonen des inneren Strahlungsgürtels vor Ort entstehen", erklärt Dr. Elias Roussos. Bisher hielten Wissenschaftler zwei Prozesse für mögliche Quellen der Teilchen: kosmische Strahlung, die bis tief ins Saturnsystem vordringt, oder koronale Massenauswürfe der Sonne, bei denen unser Stern ein Bombardement aus Plasma ins All sendet. Der Schlüssel zum Klären dieser Frage war vor allem der lange Beobachtungszeitraum von sechs Jahren. Roussos wertete Daten des Messgerätes LEMMS (Low Energy Magnetospheric Measurement System) aus, das Wissenschaftler des MPS entwickelt und gebaut haben und das an Bord der Raumsonde Cassini Elektronen und Ionen unterschiedlicher Energien in der Saturnmagetosphäre bestimmt.
Auf diese Weise konnte Roussos die zeitliche Intensitätsveränderung der Teilchen im inneren Strahlungsgürtel des Saturn von 2004 bis 2010 genau verfolgen. "In dieser Zeit hat sich vor allem die Aktivität der Sonne deutlich verändert", erklärt der Forscher den Grundgedanken seiner Arbeit. Und das wirke sich auf die kosmische Strahlung aus. Während des abklingenden solaren Maximums 2004 verhinderte der intensive Sonnenwind, dass viel kosmische Strahlung den Saturn erreichte. Während des ungewöhnlich langen solaren Minimums hingegen, das bis 2010 andauerte, stiegen die Strahlungswerte. Die Konzentration der Teilchen im Strahlungsgürtel spiegelt diese Entwicklung genau wieder - und deutet somit darauf hin, dass die kosmische Strahlung den Entstehungsprozess der Protonen im innersten Strahlungsgürtel in Gang setzt.
Dr. Elias Roussos hat an der Universität von Athen und der International Space University in Straßburg studiert. Von Januar 2005 bis Februar 2008 hat er am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau geforscht und an der TU Braunschweig promoviert. Seine Doktorarbeit zeichnete die Max- Planck-Gesellschaft 2009 mit der Otto-Hahn-Medaille aus. Neben den Strahlungsgürteln des Saturn erstrecken sich die Forschungsinteressen von Roussos auch auf die Wechselwirkungen zwischen Magnetosphäre und Monden sowie auf die Wechselwirkung der Marsatmosphäre mit dem Sonnenwind. Die Auszeichnung "Outstanding Young Scientist 2011" verleiht die EGU in diesem Jahr an neun Nachwuchswissenschaftler.