Generalprobe im All
Der Vorbeiflug am Mars bietet dem Kamerasystem an Bord der Raumsonde Dawn ausgezeichnete Trainingsbedingungen – und ein anspruchsvolles Motiv.
Nach 17-monatigem Flug durchs All steht der NASA-Raumsonde Dawn am Mittwoch, 18. Februar, eine Abwechslung bevor: Um Geschwindigkeit aufzunehmen und den Kurs zu korrigieren, fliegt die Sonde in einem Gravitationsmanöver dicht am Mars vorbei. Für das Kamerasystem an Bord, das unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) im niedersächsischen Katlenburg-Lindau entwickelt wurde, ist dies die Generalprobe. Bis die Sonde 2011 ihr erstes wissenschaftliches Ziel, den Asteroiden Vesta, erreicht, wird es keine vergleichbare Trainingsmöglichkeit für das Präzisionsinstrument mehr geben.
„Die weit entfernten Sterne, die das Kamerasystem sonst während seiner Reise aufnimmt, haben auf den Bildern nur eine Größe von wenigen Pixeln“, erklärt Dr. Holger Sierks, Leiter des Projektteams am MPS. Das sei mit der Situation, die die Kamera bei der Ankunft am Asteroiden Vesta erwartet, nicht vergleichbar. Allein der Vorbeiflug am Mars bietet dem Kamerasystem ein ähnliches Motiv. „Auf diese Weise können wir Aufnahmen eines ausgedehnten Körpers machen, die sonst nicht möglich sind“, so Sierks.
Etwa drei Stunden bevor Dawn am Mittwoch, 18. Februar, um 1.27 Uhr den kürzesten Abstand von ungefähr 550 Kilometern zum Mars erreicht, geht das Kamerasystem in Betrieb. Es bleibt etwa eine Woche lang angeschaltet. Die Wissenschaftler vom MPS, die das Manöver am Dawn Science Center in Los Angeles verfolgen, wollen diese Zeit nutzen, um das Gerät ausgiebig zu testen und auf seine künftigen Aufgaben vorzubereiten. So wollen sie etwa genau untersuchen, wie die Optik des Kamerasystems auf Streulicht reagiert. Dass bei den Tests eindrucksvolle Bilder des Mars entstehen können, ist ein willkommenes Nebenprodukt.
„Wir hoffen, dass das Kamerasystem zahlreiche Bilder des roten Planeten liefert“, sagt Dr. Holger Sierks. Bis sie die Aufnahmen sichten können, müssen sich die Wissenschaftler allerdings ein wenig gedulden. Erst nach etwa einer Woche wird Dawn alle Daten zur Erde übertragen haben.
Die NASA-Mission Dawn ist seit September 2007 unterwegs zu einer Region jenseits des Mars, die Wissenschaftler als Asteroidengürtel bezeichnen. Zwei der zahlreichen Asteroiden, die dort auf einer Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter um die Sonne kreisen und die der Region ihren Namen geben, soll die Sonde jeweils einige Monate lang begleiten: Im August 2011 wird Dawn den Asteroiden Vesta und im Februar 2015 den Asteroiden Ceres erreichen. Der anstehende Vorbeiflug am Mars ist das einzige geplante Gravitationsmanöver.
Das Kamerasystem an Bord der Sonde besteht aus zwei identischen Kameras, die einen Wellenlängenbereich vom sichtbaren blauen Licht bis zur nahen Infrarot-Strahlung abdecken. Falls die eine Kamera ausfallen sollte, kann die zweite sie sofort mühelos ersetzen. Dies ist besonders wichtig, da die Kameras auch der Navigation der Raumsonde dienen. Das Kamerasystem wurde vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und des Instituts für Datentechnik und Kommunikationsnetze der Technischen Universität Braunschweig entwickelt.
Asteroiden erlauben es Forschern, einen Blick in eine frühe Entwicklungsphase des Sonnensystems zu werfen. Denn die Kleinplaneten wurden vor etwa 4,5 Milliarden Jahren zwischen der Schwerkraft von Jupiter und Sonne eingefangen, so dass sie sich nicht zu größeren Planeten weiterentwickeln konnten. In den Asteroiden ist somit ein Zustand erhalten, der in unserem Teil des Sonnensystems nicht mehr beobachtet werden kann.