Vesta in Farbe

Erste Karten des Asteroiden in Falschfarben deuten auf einzigartige Variationen auf der Oberfläche des Himmelskörpers hin.

16. September 2011

Nachdem das Kamerasystem an Bord der NASA-Raumsonde Dawn seit Augus hochaufgelöste Bilder der Oberfläche des Zielasteroiden Vesta liefert, haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) nun erste Falschfarbenkarten des Asteroiden erstellt. Die Oberflächenmerkmale, die erst durch das Betrachten durch die verschiedenen Farbfilter des Kamerasystems sichtbar werden, sollen in den nächsten Wochen und Monaten dazu beitragen, Aufschluss über mineralogische Zusammensetzung und genaue Oberflächenbeschaffenheit zu geben. Schon jetzt bestätigt sich die ausgeprägte Zweiteilung des Asteroiden in völlig unterschiedliche Nord- und Südhalbkugeln. Zudem zeigt der genaue Blick auf einzelne Einschlagkrater bemerkenswerte Strukturen.

Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde kann weit mehr als ein „normale“ Kamera. Denn das Hochpräzisionsinstrument, das unter Leitung des MPS entwickelt und gebaut wurde, ist mit sieben verschiedenen Farbfiltern ausgestattet. „Jeder Körper im Weltall reflektiert Licht zurück ins All“, erklärt Dr. Andreas Nathues vom MPS, wissenschaftlicher Leiter des Kamerateams das Grundprinzip. „Die genaue Zusammensetzung dieses Lichtes können wir mit den Filtern entschlüsseln und lässt unter anderem Rückschlüsse auf die mineralogische Zusammensetzung des Körpers zu.“

Die erste Falschfarbenkarte, die nun vorliegt, zeigt einen zweigeteilten Körper: Die Nordhalbkugel reflektiert Licht in einer anderen Stärke als die Südhalbkugel. In der Übersichtskarte (Abbildung 1) offenbart sich dies durch eine überwiegende Blaufärbung im Norden im Gegensatz zu ausgedehnten gelblich-grünlichen Bereichen im Süden. Wie genau diese unterschiedlichen Farben zu interpretieren sind, ist noch unklar. „Die Theorie, der zufolge ein gewaltiger Einschlag den Süden des Asteroiden erschüttert hat, wird dadurch jedoch erhärtet“, so Nathues. So weist der Süden beispielsweise auch deutlich weniger kleinere Einschlagkrater auf. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Oberfläche im Süden jünger ist und somit dem kosmischen Bombardement weniger lange ausgesetzt war.

Diese kleineren Krater, die das ständige Bombardement im Norden wie im Süden erzeugt hat, sind ein weiterer Schlüssel zu einem tieferen Verständnis von Vestas Entwicklungsgeschichte. Denn in den Falschfarbenkarten offenbaren sich hier Unterschiede, die für das bloße Auge unsichtbar sind. „Während einige Krater in den Karten völlig unauffällig aussehen, sind andere von einem großflächigen Kranz andersfarbigen Materials umgeben“, beschreibt Nathues. Möglicherweise stammt dies Material von den Meteoriten selbst. Eine andere Erklärung wäre, dass dort Einschläge Material aus der Tiefe des Asteroiden an die Oberfläche geschleudert haben. In diesem Fall böten die Kranzregionen einen indirekten Blick in Vestas tiefer liegende Schichten.


Vestas inneren Aufbau zu entschlüsseln, ist eines der wichtigsten Ziele der Dawn- Mission. Denn die Forscher vermuten, dass Vesta anders als alle anderen Asteroiden eine innere Schichtstruktur besitzt - ähnlich wie die Erde. „Es gibt viele Hinweise, dass Vesta in einer frühen Phase der Planetenentwicklung vor 4,5 Milliarden Jahren steckengeblieben ist“, so Nathues. Der einzigartige Körper böte somit einen Blick zurück in die Geburtsstunde des Sonnensystems.


„Zum Verständnis der Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte der Vesta ist es notwendig, die stark ausgeprägten Farbvariationen der Oberfläche zu untersuchen, welche Rückschlüsse auf deren Zusammensetzung erlauben. Mit diesen komplexen Untersuchungen haben wir nun begonnen“, so Nathues. Dabei arbeiten die MPS-Forscher eng mit ihren Kollegen am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) zusammen, die den Asteroiden ausführlich kartographieren und 3D-Ansichten erstellen.


„Vesta hat uns völlig überrascht: Wir hatten nicht mit einer derart komplexen Geologie gerechnet“, sagt Prof. Dr. Ralf Jaumann vom DLR. „Allein die Topographie mit Höhenunterschieden von bis zu 25 Kilometern spricht für eine gewaltige Dynamik der Oberflächengestaltung, ebenso wie die Unterschiedlichkeit und Vielfalt der Einschlagkrater, die vesta-umspannenden Täler und Canyons und die großen Helligkeitsunterschied des Oberflächenmaterials. Es wird noch Anstrengung und Zeit erfordern, um die Geheimnisse von Vesta zu entschlüsseln. Dank der hervorragenden Daten der Dawn-Mission ist es jedoch bereits gelungen, die kartographische Voraussetzung für diese weiterführenden Untersuchung der Vesta zu schaffen.“


Die Raumsonde Dawn startete im September 2007 zu ihrem ersten Ziel, dem Asteroiden Vesta. Am 16. Juli 2011 schwenkte Dawn in eine Umlaufbahn um den Asteroiden ein. Die Raumsonde wird den Himmelskörper nun etwa ein Jahr lang begleiten und dann ihr zweites Ziel, den Zwergplaneten Ceres, ansteuern. Die Ankunft ist für 2015 geplant.


Die Mission DAWN wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Es besteht aus zwei baugleiche Kameras. Das Kamera-Projekt
wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und NASA/JPL unterstützt.

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