Trauer um Dr. Jürgen Röttger

23. Juni 2020

Dr. Jürgen Röttger, ehemaliger Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Aeronomie (heute: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung), Wegbereiter der Atmosphärenforschungsanlage SOUSY (SOUnding SYstem for atmospheric structure and dynamics) und langjähriger Direktor des internationales Forschungsverbundes EISCAT (European Incoherent Scatter Scientific Association), ist am 31. Mai 2020 verstorben.

Bereits in seiner Diplomarbeit, die er am Institut für Geophysik und Meteorologie der TU Braunschweig anfertigte, beschäftigte sich Jürgen Röttger mit der Ausbreitung von Kurzwellen in der Ionosphäre der Erde. Während seiner anschließenden Promotion an der Universität Göttingen vertiefte er dieses Forschungsinteresse. Schon als Student war Jürgen Röttger Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Aeronomie (MPAE) in Katlenburg-Lindau und trat dort nach erfolgreich abgeschlossener Promotion seine erste wissenschaftliche Stelle an. Bis 1982 arbeitete er am MPAE auf dem Gebiet der Ionosphärenforschung und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Arbeitsgruppe SOUSY. Die Gruppe entwickelte Messanlagen, die anhand von zurückgestreuten Radarsignalen Eigenschaften der unteren und mittleren Atmosphäre bestimmten. In allen Phasen des Projektes spielte Jürgen Röttger eine maßgebliche Rolle: von der ersten Entwicklung des Messsystems, über erste Testmessungen auf dem Institutsgelände in Katlenburg-Lindau und den Aufbau einer stationären Anlage bei Bad Lauterberg im Harz bis hin zu zum Teil abenteuerlichen Messkampagnen einer zweiten, mobilen Anlage etwa in Puerto Rico. Unter der Mitwirkung Jürgen Röttgers erlangte die Arbeitsgruppe weltweite Anerkennung und trug maßgeblich dazu bei, dass das MPAE international zu einer der führenden Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Ionosphärenforschung wurde.

1982 endete die Zeit von Jürgen Röttger am MPAE zunächst. Nach Forschungsaufenthalten in Schweden und Puerto Rico wurde er 1986 zum Direktor des internationalen Forschungsverbundes EISCAT berufen, der in Schweden, Norwegen und Finnland Radaranlagen zur Erforschung der Ionosphäre betreibt. Das MPAE war für viele Jahre der deutsche Vertreter in den EISCAT-Gremien und lieferte den deutschen Forschungsbeitrag zu diesem Projekt. Während seiner Amtszeit stellte Jürgen Röttger entscheidende Weichen für die Zukunft des Forschungsverbundes etwa durch Planung, Bau und Inbetriebnahme der Forschungsanlage in Longyearbyen auf Spitzbergen und durch die Erweiterung der bis dahin europäisch-dominierten „EISCAT-Familie“ um japanische Forschungseinrichtungen.

1998 kehrte Jürgen Röttger ans MPAE zurück und blieb dem Institut auch während seines Ruhestandes als weitsichtiger und kenntnisreicher Berater verbunden. Im Laufe seiner wissenschaftlichen Karriere verfasste Jürgen Röttger zahlreiche Aufsätze zur Ionosphärenforschung, die zum Teil noch heute als Standardwerke auf diesem Gebiet gelten.

Mit Jürgen Röttger verlieren das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung und die wissenschaftliche Gemeinde einen visionären Wegbereiter, leidenschaftlichen Forscher und guten Freund.

Zur Redakteursansicht