JUICE: Unverhoffte Begegnung im All

In den nächsten Tagen und Wochen hat die ESA-Raumsonde JUICE gute Sicht auf das erst vor Kurzem entdeckte interstellare Objekt 3I/ATLAS. 

30. Oktober 2025

In Kürze: 

  • Gast aus der Ferne: 3I/ATLAS, das bisher dritte bekannte interstellare Objekt, reist aktuell durch das Sonnensystem und hat gestern seinen sonnennächsten Punkt erreicht.
  • Gute Sicht: Von der Erde aus ist 3I/ATLAS derzeit kaum zu sehen. Die ESA-Raumsonde JUICE hingegen startet jetzt eine dedizierte Beobachtungskampagne. 
  • Kosmisches Wasser: Mit Hilfe der JUICE-Messinstrumente hoffen Forschende am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) mehr über das Wasser von 3I/ATLAS zu erfahren.

Auf ihrer achtjährigen Reise zum Jupiter erwartet die ESA-Raumsonde JUICE ab Sonntag eine unverhoffte Abwechslung: Die Sonde hat in den kommenden Wochen gute Sicht auf das interstellare Objekt 3I/ATLAS. Vor wenigen Monaten, am 1. Juli dieses Jahres, zeigte sich der Körper erstmals in Aufnahmen des chilenischen ATLAS-Teleskops – und ließ sich anhand seiner Flugbahn als Besucher von außerhalb des Sonnensystems identifizieren. Nur zwei weitere interstellare Objekte sind bisher bekannt. Forschende des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) haben in den vergangenen Monaten dazu beigetragen, die spontan einberufene JUICE-Messkampagne vorzubereiten und hoffen auf einzigartige Daten.  

Dass sich JUICE und 3I/ATLAS auf ihren ganz unterschiedlichen Wegen durch das Sonnensystem begegnen, ist ein außerordentlich Glücksfall. Mit so etwas hatten wir nie gerechnet.
Ladislav Rezac, MPS-Wissenschaftler und Projektleiter des SWI-Teams von JUICE

In den nächsten Wochen sind die Beobachtungsbedingungen für JUICE günstig. Mit einem Abstand von 210 Millionen Kilometern hat 3I/ATLAS gestern seinen sonnennächsten Punkt, innerhalb der Marsbahn, erreicht. Unter dem Einfluss der Sonne dürften in den nächsten Tagen und Wochen vermehrt gefrorene Gase von der Oberfläche des weitgereisten Gastes sublimieren, Staubteilchen mit sich reißen und so den kosmischen Brocken in eine vergleichsweise gut erkennbare Wolke aus Gas und Staub hüllen. JUICE trennen derzeit nur etwa 60 Millionen Kilometer von diesem Spektakel. Teleskope auf der Erde haben hingegen in den nächsten Tagen kaum eine Chance, das interstellare Objekt zu Gesicht zu bekommen. Unser Planet befindet sich derzeit beinahe genau auf der anderen Sonnenseite.

Wasser aus der Tiefe des Weltalls

Die Mitglieder des JUICE-Teams am MPS interessieren sich besonders für das Wasser, das von 3I/ATLAS ins All sublimiert. Das JUICE-Instrument Submillimeter Wave Instrument (SWI), das unter Leitung des MPS entwickelt und gebaut wurde, fängt Strahlung mit Wellenlängen zwischen etwa einem Viertel- und einem halben Millimeter ein. In diesem Wellenlängenbereich hinterlassen Wassermoleküle charakteristische Signaturen. Mit seiner extrem hohen spektralen Auflösung kann SWI diesen Spuren weitere Informationen entnehmen, etwa ob die Wassermoleküle von der Oberfläche des interstellaren Brocken stammen oder zusätzlich von Eiskörnchen in seiner Umgebung.

„Wir hoffen, dass mit SWI die ersten hochaufgelösten Messungen von Wasser auf 3I/ATLAS gelingen“, so MPS-Wissenschaftler Paul Hartogh, wissenschaftlicher Leiter des SWI-Teams. „Dies könnte uns unter anderem helfen, die Verteilung von oberflächennahem Wassereis zu verstehen“, fügt er hinzu.

Auch das Instrumentenpacket Particle Environment Package (PEP) von JUICE wird in den nächsten Tagen einen seiner Sensoren einschalten. Der Sensor fängt energetische ungeladene Atome wie etwa Wasserstoff, Helium oder Sauerstoff ein. Sie entstehen, wenn geladene Sonnenwindteilchen auf die Gaswolke trifft, die 3I/ATLAS umgibt – und zwar um so zahlreicher je mehr Gas der interstellare Körper ins All spuckt. „Die Messungen können uns verraten, welche Gase von der Oberfläche von 3I/ATLAS sublimieren und in welcher Menge“, erklärt Elias Roussos, PEP-Teammitglied vom MPS. Da voraussichtlich nur sehr wenige Neutralteilchen entstehen werden, wird PEP zwölf Tage am Stück messen und so hoffentlich ausreichend Teilchen einfangen.

Mit etwas Glück zeigt sich 3I/ATLAS in den nächsten Tagen besonders aktiv. Während das Objekt aktuell etwa zwei Tonnen Wasserdampf pro Sekunde produziert, könnte es kurz nach der Sonnenpassage auf einen Schlag ausbruchartig noch größere Mengen freisetzen. Solches Verhalten ist von Kometen bekannt und würde die geplanten Messungen erleichtern. 

Messungen unter Zeitdruck

Die JUICE-Instrumente, die ihren Blick auf 3I/ATLAS richten, werden vom 2. bis 25. November eingeschaltet. Die Beobachtungskampagne ist aus operativer Sicht knifflig. Sonde und interstellares Objekt sind in unterschiedlichen Richtungen unterwegs, 3I/ATLAS mit einer rasanten Geschwindigkeit von etwa 220.000 Kilometern pro Stunde. Zudem kann JUICE für nicht länger als 30 Minuten pro Tag auf den weitgereisten Besucher schauen. Andernfalls würde die empfindliche Seite der Raumsonde zu viel Sonnenstrahlung ausgesetzt. Nur PEP mit seinem deutlich größeren Sichtfeld kann trotz der Schwenkbewegungen mehrere Tage am Stück beobachten.

Ob die Bemühungen erfolgreich waren, wird sich erst im Februar nächsten Jahres zeigen. Erst dann werden die Messdaten zur Erde gefunkt – eine Art verspätetes Erinnerungsfoto an eine einzigartige Begegnung. 

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