Vesta hat zwei Gesichter

Erste hochaufgelöste Bilder des Asteroiden zeigen unterschiedliche Kraterverteilung und geben Hinweise auf eine bewegte Vergangenheit

1. August 2011

Vesta scheint zweigeteilt: Die ersten detailreichen Aufnahmen der Oberfläche zeigen auf der Nordhalbkugel des Asteroiden viele Krater, im Süden dagegen deutlich weniger. Die Bilder wurden vom Kamerasystem an Bord der Raumsonde Dawn aufgenommen, das Wissenschaftler unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung entwickelt und gebaut hatten. Dawn war am 16. Juli in eine Umlaufbahn um Vesta eingeschwenkt und ist somit die erste Mission, die einen Körper des Asteroidengürtels über einen längeren Zeitraum erforscht.

Das Kamerasystem an Bord von Dawn hat dieses Bild von Vesta am 24. Juli aus einer Entfernung von 5200 Kilometern aufgenommen.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist Vesta ein kosmischer Glücksfall. Denn der Kleinplanet mit einem Durchmesser von etwa 530 Kilometern, der jenseits der Umlaufbahn des Mars im Asteroidengürtel etwa 184 Millionen Kilometer von der Erde entfernt um die Sonne kreist, gilt als eines der wenigen Überbleibsel aus der Geburtsstunde des Sonnensystems vor etwa 4,5 Milliarden Jahren.

Während sich die ersten Materieklumpen nach und nach zu größeren Planeten zusammenballten oder als Folge heftiger Zusammenstöße wieder zerbrachen, blieb Vesta in einer frühen Entwicklungsphase stecken. Wissenschaftler vermuten sogar, dass der Asteroid eine innere Schichtstruktur besitzt und einst ein heißes, geschmolzenes Inneres hatte – ähnlich wie heute die Erde.

„In der Vergangenheit haben wir Vesta als den kleinsten der erdähnlichen Planeten bezeichnet“, sagt Chris Russell, wissenschaftlicher Leiter der Mission. „Die neuesten Bilder bieten viele Hinweise darauf, dass diese Erwartungen berechtigt sind. Die Aufnahmen zeigen, dass viele Prozesse einst die Oberfläche der Vesta geformt haben.“

Ein Blick auf Vestas Südpol: Die Riefen in der Äquatorregion sind etwa zehn Kilometer breit. Das Bild wurde am 24. Juli aus einer Entfernung von 5200 Kilometern aufgenommen.

Vor allem die Verteilung der Krater fällt auf: Während es auf der Nordhalbkugel jede Menge davon gibt, sind im Süden deutlich weniger zu finden. Forscher nutzen die Anzahl der Krater auf einer Oberfläche als Maß für ihr Alter. Denn je älter eine Oberfläche ist, desto länger war sie dem Bombardement kleinerer Asteroiden und anderer kosmischer Brocken ausgesetzt.

Zudem hatten bereits Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble angedeutet, dass möglicherweise ein gewaltiger Einschlag einst einen riesigen Krater in Vestas Südhalbkugel geschlagen hat. Die jüngsten Bilder enthalten nun Hinweise, dass sich diese Theorie bestätigen könnte.

Als Snowman („Schneemann“) bezeichnen die Wissenschaftler inoffiziell diese Gruppe aus drei Kratern. Sie befinden sich auf der Nordhalbkugel des Asteroiden Vesta. Das Bild wurde am 24. Juli 2011 aus einer Entfernung von 5200 Kilometern aufgenommen.

Zu den Indizien zählen die auffälligen, parallel verlaufenden Riefen in der Äquatorregion. „Auch ein solch riesiger Krater wäre ein Glücksfall“, erklärt Andreas Nathues vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, wissenschaftlicher Leiter des Kamerateams. „Denn diese Einschlagregion würde möglicherweise einen Blick in tiefer gelegene Schichten des Asteroiden ermöglichen.“

„Die neuen Aufnahmen bieten einen ersten Vorgeschmack darauf, was uns in den kommenden Monaten erwartet“, sagt Max-Planck-Direktor Ulrich Christensen, Co-Investigator der Mission. Bereits am 11. August wird Dawn eine tiefere Umlaufbahn erreichen, um dort mit den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen zu beginnen. Dann werden die Sonde nur noch 2700 Kilometer vom Asteroiden trennen.

Eine Kraterlandschaft in der südlichen Äquatorialebene Vestas zeigt diese Aufnahme der Raumsonde Dawn, gewonnen am 24. Juli 2011 aus einer Entfernung von 5200 Kilometern.

Die Raumsonde war im September 2007 zur Vesta gestartet und vor zwei Wochen in eine Umlaufbahn um den Asteroiden eingeschwenkt. Dawn wird den Himmelskörper nun etwa ein Jahr lang begleiten und dann ihr zweites Ziel, den Zwergplaneten Ceres, ansteuern. Die Ankunft ist für 2015 geplant.

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Die Mission Dawn wird vom Jet Propulsion Laboratory (JPL) der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa geleitet. JPL ist eine Abteilung des California Institute of Technology in Pasadena. Die University of California in Los Angeles ist für den wissenschaftlichen Teil der Mission verantwortlich. Das Kamerasystem an Bord der Raumsonde wurde unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau in Zusammenarbeit mit dem Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze in Braunschweig entwickelt und gebaut. Es besteht aus zwei baugleichen Kameras. Das Kamera-Projekt wird finanziell von der Max-Planck-Gesellschaft, dem DLR und Nasa/JPL unterstützt.

BK / HOR

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