Ein Seismometer auf dem Mars

In etwa fünf Wochen startet die NASA-Mission InSight zum roten Planeten. Mit an Bord: ein Instrument, das den inneren Aufbau des Mars enträtseln soll.

Keine Region des Mars ist so unerforscht wie sein Inneres. Bisher haben Raumsonden und Landeeinheiten vor allem die Oberfläche und die Atmosphäre unseres Nachbarplaneten untersucht. Mit der NASA-Mission InSight, die voraussichtlich am Samstag, 5. Mai, ins All startet, soll sich dies ändern. Wenn die Landesonde am 26. November auf dem Mars aufsetzt, wird sie das erste geophysikalische Labor sein, das dort betrieben wird. Mit Hilfe des Seismometers an Bord, zu dem das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen beigetragen hat, wollen die Forscher den inneren Aufbau und die Zusammensetzung des roten Planeten entschlüsseln und so Erkenntnisse über seine Entstehungsgeschichte gewinnen.

Von außen betrachtet könnten Erde und Mars kaum unterschiedlicher sein: Während unsere Heimat eine lebensfreundliche, wasserreiche Welt ist, zeigt sich der Mars als eiskalte, rote Gesteins- und Sandwüste. In ihrem Innern jedoch offenbart sich die enge Verwandtschaft beider Himmelskörper. Wie auch Merkur und Venus sind sie aus eisenreichem Kern, silikathaltigem Mantel und fester Gesteinskruste aufgebaut. Doch nur für die Erde sind die Dicke und die genaue Zusammensetzung dieser Schichten bekannt.

„Wir vermuten, dass der Mars eine etwas andere Entwicklung durchlaufen hat als die Erde“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Christensen, Direktor am MPS und Mitglied des Seismometer-Teams der InSight-Mission. Grund dafür ist unter anderem, dass er deutlich kleiner ist als unser Planet und in seinem Innern ein geringer Druck herrscht. Mineralien, die unter hohem Druck entstehen und einen großen Teil des Erdmantels ausmachen, treten im Mars wahrscheinlich erst in größeren Tiefen auf oder überhaupt nicht.

Ebenfalls ungeklärt ist, ob der Mars für einen kurzen Zeitraum Plattentektonik aufwies. Heute besteht seine Oberfläche aus einer einzelnen, zusammenhängenden Platte; heiße Aufströme aus dem Innern konzentrieren sich wahrscheinlich allein auf die beiden vulkanischen Regionen Tharsis und Elysium. Auf der Erde hingegen steigt überall heißes Mantelmaterial aus dem Innern auf, kühlt ab und sinkt wieder in die Tiefe. Die Kontinentalplatten, die sich gegeneinander verschieben, sind eine Folge dieser gewaltigen – wenn auch sehr langsamen – Umwälzungsprozesse im Innern.

„Gerade das Fehlen der Plattentektonik in den vergangenen vier Milliarden Jahren erlaubt uns einen Blick zurück“, so Christensen. Große Teile der Marskruste sind aus der Frühzeit der Planetenentwicklung erhalten geblieben, während es auf der Erde so gut wie keine Kruste aus dieser Zeit mehr gibt. Die Forscher erhoffen sich somit, am Beispiel des Mars Grundsätzliches über die Entstehung aller erdähnlichen Planeten zu erfahren.

Eine wichtige Rolle spielt dabei das Seismometer SEIS (Seismic Experiment for Interior Structure) an Bord von InSight. „Wie die Erde erschüttern auch den Mars immer wieder Beben“, erklärt SEIS-Teammitglied Dr. Brigitte Knapmeyer-Endrun vom MPS. „Allerdings rechnen wir auf dem Mars mit einer deutlich geringeren seismischen Aktivität.“ Wie auf der Erde pflanzen sich die Wellen, die bei einem solchen Beben entstehen, durch den gesamten Planeten fort. Ihre Geschwindigkeit hängt maßgeblich von dem Material ab, durch das sie sich ausbreiten. Zudem werden die Wellen an den Grenzschichten im Innern abgelenkt und reflektiert.

„Auf der Erde arbeiten seismologische Messstationen nicht alleine, sondern im Verbund“, so Knapmeyer-Endrun. Aus den Messdaten, die an verschiedenen Stellen an der Oberfläche aufgenommen werden, ergibt sich so ein Gesamtbild der Vorgänge im Innern. „Für den Mars ist ein solches Netzwerk in naher Zukunft kaum denkbar. Schließlich wären dafür mehrere Landungen nötig“, so Christensen. SEIS ist somit eine Art Einzelkämpfer; die Anforderungen an die Messgenauigkeit des Instruments sind deshalb besonders hoch. 

„Entscheidend ist, dass SEIS exakt waagegerecht auf der Marsoberfläche zum Stehen kommt“, erklärt Knapmeyer-Endrun. Nach der Landung wird ein robotischer Arm das Messgerät von der Instrumentenplattform auf den Boden setzen. Das Lageregelungssystem, das am MPS entwickelt und gebaut wurde, richtet das Instrument dann aus.

Neben dem Seismometer verfügt InSight über das Instrumentenpacket HP3 (Heat-Flow and Physical Properties Package), das eine Sonde bis zu fünf Meter tief in den Marsboden treiben soll, um den Wärmefluss aus dem Planeteninnern zu messen. Das Experiment RISE (Rotation and Interior Structure Experiment) nutzt die Kommunikationssysteme der Landeeinheit, um die Rotation des Planeten exakt zu vermessen. Zudem verfügt InSight über zwei Kameras, eine Wetterstation und ein Magnetometer. 

Bis die ersten Messdaten auf der Erde eintreffen, werden jedoch noch einige Monate vergehen. Als Starttermin für InSight ist der 5. Mai vorgesehen. Bei ungünstigem Wetter kann die Sonde ihre Reise aber auch einige Tage später antreten. Am 26. November soll InSight auf dem Mars in der äquatornahen Region Elysium Planitia landen. Dabei setzt die NASA auf Bewährtes: Die Landeeinheit ist ein fast baugleicher Zwilling der Phoenix-Sonde, die im Mai 2008 erfolgreich in der Polarregion des Mars niederging.  

Das MPS war bisher an drei Landemissionen zum Mars beteiligt: Die Mission Mars Pathfinder brachte 1996 den ersten Rover auf den Mars, Phoenix entdeckte 2008 gefrorenes Wasser in der Polarregion und der Mars-Rover Curiosity bahnt sich seit 2012 seinen Weg durch den Gale Krater. Zudem ist das MPS Partner der ESA-Missionen Mars Express und ExoMars.

InSight ist eine Mission der amerikanischen Weltraumagentur NASA. Das Seismometer SEIS wurde unter Leitung der französischen Weltraumagentur CNES mit Beiträgen des Institut de Physique du Globe de Paris (Frankreich), der Eidgenössischen Technischen Hochschule (Schweiz), des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS), des Imperial College und die Universität Oxford (Großbritannien) und des Jet Propulsion Laboratory (USA) zur Verfügung gestellt. HP3 wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) unter Beteiligung der Polnischen Weltraumagentur (CBK) gebaut.



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