Lauschangriff auf die Aliens

In einem schmalen Himmelsstreifen haben mögliche außerirdischen Astronomen gute Chancen, die Erde zu entdecken

1. März 2016

Sind wir allein im Universum? Um Antworten auf diese Frage zu finden, suchen Astronomen seit Jahrzehnten mithilfe verschiedener Methoden nach bewohnbaren Planeten sowie nach Signalen von Außerirdischen – bisher erfolglos. Eventuell waren bisher die Prioritäten nicht optimal gesetzt, meinen René Heller und Ralph E. Pudritz vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen und von der McMaster Universität in Kanada. Sie schlagen vor, die Suche auf jenen Bereich des Himmels zu konzentrieren, in dem etwaige ferne Beobachter des Planetensystems den jährlichen Durchgang der Erde vor der Sonne beobachten können.

Sonnenfinsternis: Kommt es zu einem Erdtransit vor der Sonne, blockiert die Erde einen Teil des Lichts unseres Tagesgestirns. Mögliche Beobachter außerhalb des Planetensystems könnten die dabei entstehende Verdunklung nutzen, um die Erde zu erforschen. Mithilfe dieser Transitmethode haben irdische Astronomen den Großteil der mehr als 2000 bisher bekannten Exoplaneten aufgespürt.

Zieht ein Planet zwischen seinem Stern und einem Beobachter vorbei, kommt es zu einer vorübergehenden, minimalen Verdunkelung des Sterns. Dieser sogenannte Transit lässt sich – je nach Größe des Planeten und Empfindlichkeit des verwendeten Instruments – messen. In der Tat haben die Astronomen die meisten der mehr als 2000 bisher bekannten Exoplaneten mit dieser Transitmethode entdeckt. Ein verwandtes Verfahren, die Transitspektroskopie, wird es Forschern in Zukunft ermöglichen, die Atmosphären von Exoplaneten auf gasförmige Spuren von Leben zu untersuchen.

René Heller und Ralph E. Pudritz stellen nun die umgekehrte Frage: Angenommen, außerirdische Beobachter nutzen den Erdtransit vor der Sonne zur Erforschung unseres Planeten aus der Ferne, aus welchem Bereich am Himmel müssten sie das Sonnensystem dann sehen?

Die Studie der beiden Forscher berücksichtigt zum ersten Mal die nötige Dauer des Erdtransits zur Analyse der irdischen Atmosphäre. Denn nur während eines ausreichend lange andauernden Transits sei eine Charakterisierung unserer Atmosphäre – und somit die Detektion von Leben – möglich. Außerdem schätzen die Wissenschaftler mithilfe eines Modells unserer Milchstraße zum ersten Mal ab, wie viele Sterne über die wenigen uns bekannten hinaus tatsächlich in diesem Himmelsareal vorhanden sein müssten.

Im ersten Schritt identifizierten Heller und Pudritz jenen Teil des Firmaments, von dem aus gesehen die Erdtransits weniger als einen halben Sonnenradius vom Zentrum der Sonne erscheinen. Die Planetensysteme, von denen aus sich dieser Anblick bietet, befinden sich  in einem schmalen Streifen am Himmel, der einer Projektion unserer Sonnenumlaufbahn auf die Sphäre entspricht. Die Fläche dieses Streifens beträgt nur etwa zwei Tausendstel des gesamten Firmaments.

Enges Band: Die Abbildung verdeutlicht die Transitzone, in der ein ferner Beobachter sehen würde, wie die Erde vor der Sonne vorüberzieht.

„Der Kern unserer Strategie liegt darin, dass sie den Suchbereich auf einen sehr kleinen Teil des Himmels eingrenzt. So könnten wir bereits innerhalb der Zeitspanne eines Menschenlebens herausfinden, ob es außerirdische Astronomen gibt, die uns sehen können und versuchen, uns zu kontaktieren“, sagt Max-Planck-Forscher René Heller. Zudem würde die gezielte Suche eine enorme Reduzierung der zu analysierenden Datenmenge bedeuten.

Nicht jeder Stern ist aber als Heimat für einen bewohnten Planeten gleich gut geeignet. Denn je massereicher eine Sonne ist, desto kürzer existiert sie. Eine lange Lebensdauer wird aber als Voraussetzung für die Entwicklung höheren Lebens betrachtet. Die Forscher erstellten daher eine Liste von Sternen, die sich einerseits im richtigen Bereich des Himmels befinden und andererseits aufgrund ihres langen Lebens besonders gute Aussichten auf Erfolg bieten.

Das Ergebnis: 82 Sterne erfüllen diese Kriterien. Die Forscher schlagen vor, dass diese fernen Sonnen bei zukünftigen Initiativen zur Suche nach außerirdischer Intelligenz (Search for ExtraTerrestrial Intelligence, SETI) die höchste Priorität erhalten.

Allerdings kennen Astronomen bisher noch lange nicht alle Sterne unserer Milchstraße. Je weiter ein Stern entfernt ist, desto schwächer erscheint er uns. Und gerade die kleinen, besonders langlebigen Sterne sind an sich extrem leuchtschwach.

Um abzuschätzen, wie viele Sterne sich über die 82 bekannten hinaus tatsächlich im bevorzugten Bereich des Himmels befinden müssten, projizierten René Heller und sein kanadischer Kollege Ralph Pudritz den betreffenden Himmelsbereich auf ein Modell für die Sterndichte unserer Galaxis. Demnach könnten etwa 100.000 Sterne in Sonnennähe Planeten mit Bewohnern beherbergen, die uns entdeckt haben und versuchen, in Kontakt mit uns zu treten.

Ein Teil dieser Planeten könnte sogar mit der für das Jahr 2024 geplanten PLATO-Weltraummission der europäischen Raumfahrtagentur ESA entdeckt werden, an der auch René Heller mitwirkt. PLATO soll die Transitmethode verwenden, um unter anderem erdähnliche Planeten um ferne Sonnen zu finden.

„PLATO wird womöglich Transits von extrasolaren Planeten beobachten, von denen aus wiederum die Transits der Erde vor der Sonne sichtbar sind. Damit ergäbe sich die erstaunliche Möglichkeit, dass zwei weit voneinander entfernte intelligente Spezies ihre Planeten gegenseitig mit der Transitmethode erforschen könnten”, sagt Heller.

EG / HOR
                                                           

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