Gefrorenes Wasser auf der Oberfläche des Rosetta-Kometen

Wo ist das Eis auf Komet 67P? Aufnahmen des Kamerasystems OSIRIS zeigen nun kleine eisige Flecken auf der Oberfläche von Geröllbrocken.

24. Juni 2015

Das wissenschaftliche Kamerasystem OSIRIS an Bord der ESA-Raumsonde Rosetta hat 120 metergroße, helle Stellen auf der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko identifiziert. Die optischen Eigenschaften dieser Stellen sprechen dafür, dass es sich um gefrorenes Wasser handelt. Erosionsprozesse und die Aktivität des Kometen könnten es freigelegt haben. Der Fund stützt die Theorie, dass sich das Eis des Kometen unter seiner oberflächlichen dunklen Staubschicht verbirgt. Die Forscher berichten von ihren Ergebnissen in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics.

Kometen enthalten gefrorenes Wasser. Das beweist der Wasserdampf, den Rosetta und frühere Kometenmissionen in der Atmosphäre der Schweifsterne nachgewiesen haben. Auf der Oberfläche der Kometen ist dieses Eis jedoch nicht zu sehen. Wie auch andere Kometen ist 67P/Churyumov-Gerasimenko tiefschwarz gefärbt und reflektiert nur wenige Prozent des Sonnenlichts. Forscher vermuten deshalb, dass das gefrorene Wasser unter der Schicht aus dunklem Staub zu finden ist, die den Kometen überzieht.

Dass dieses unterirdische Eis stellenweise hervorschaut, berichten nun Forscher des OSIRIS-Teams in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics. In Aufnahmen, die das wissenschaftliche Kamerasystem in der Zeit von August bis November 2014 einfing, konnten die Forscher 120 solcher Stellen ausmachen. Die meisten sind nur wenige Meter groß. „Keine der früheren Kometenmissionen hat räumliche Auflösungen im Bereich einiger Meter erreicht“, erklärt Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, Leiter des OSIRIS-Teams. „Wir sehen Strukturen dieser Art deshalb zum ersten Mal.“

Die optischen Eigenschaften der hellen Flecken deuten darauf hin, dass es sich um gefrorenes Wasser handelt. Sie reflektieren bis zu 60 Prozent des Sonnenlichtes. Das ist ein typischer Wert für Eis. Zudem ist dieses Licht leicht bläulich. Ein weiterer wichtiger Hinweis: Innerhalb eines Monate haben sich die eisigen Stellen kaum verändert. Gefrorenes Kohlendioxid und – monoxid, das Forscher ebenfalls auf der Kometenoberfläche erwarten, würde sich im Gegensatz dazu rasch verflüchtigen. „Zum Zeitpunkt unserer Beobachtungen befand sich der Komet noch weit entfernt von der Sonne. Bei dieser Entfernung dürfte pro Stunde, in der die Region Sonnenlicht erhält, weniger als ein Millimeter gefrorenen Wassers verdampfen“, erläutert Erstautor Antoine Pommerol von der Universität Bern.

Mit hoher Auflösung betrachtet entpuppen sich viele der hellen Flecken als Brocken mit hellen Bereichen auf ihrer Oberfläche. Einige treten in Gruppen auf, andere vereinzelt. Die Ansammlungen finden sich typischerweise in Geröllfeldern am Fuße von Klippen und Steilhängen. Sie könnten durch Erosionsprozesse oder das Zusammenbrechen der Klippen zum Vorschein gekommen sein. Im Gegensatz dazu stechen die vereinzelten helle Flecken aus ihrer Umgebung deutlich hervor. Möglicherweise hat die Aktivität des Kometen sie an anderer Stelle in die Höhe geschleudert und sie kamen erst später an ihrem jetzigen Standort zur Ruhe. In allen Fällen handelt es sich um Regionen, die nur wenig Sonnenergie erhalten, sich also beispielsweise im Schatten einer Klippe befinden.

Um besser zu verstehen, wie eine solche Verteilung entstehen konnte, führten die OSIRIS-Forscher auch Laborexperimente durch und untersuchten, wie sich eine Mischung aus gefrorenem Wasser und verschiedenen Mineralien unter Sonneneinstrahlung verhält. Ihr Ergebnis: Bereits nach wenigen Stunden bildet sich ein dunkler Staubmantel von einigen Millimetern Dicke aus. An einigen Stellen im Experiment verbirgt dieser Mantel jedwede Spur des darunterliegenden Eises. Hier und da konnte das verdampfende Wasser im Experiment jedoch größere Staubkörner oder Brocken mit sich reißen und so helle Bereiche freilegen.

Das Team hält es für möglich, dass die eisigen Stellen bereits vor sechseinhalb Jahren entstanden, als sich der Rosetta-Komet das letzte Mal der Sonne näherte. Dabei könnten eisige Brocken in Gebiete geschleudert worden sein, die permanent im Schatten liegen. Dort konnten sie viele Jahre überdauern. Eine anderen Theorie zur Folge könnten auch die Emission von Kohlendioxid und –monoxid in größerer Sonnenentfernung verantwortlich sein. „Die beste Strategie, diese Fragen zu klären, ist abzuwarten“, so Sierks. „In den kommenden Monaten werden wir 67P weiter beobachten und so hoffentlich diese Prozesse aus nächster Nähe miterleben.“

Rosetta ist eine Mission der Europäischen Weltraumagentur ESA mit Beiträgen der Mitgliedsstaaten und der amerikanischen Weltraumagentur NASA. Rosettas Landeeinheit Philae wurde von einem Konsortium unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und der französischen und italienischen Weltraumagentur (CNES und ASI) zur Verfügung gestellt. Rosetta ist die erste Mission in der Geschichte, die einen Kometen anfliegt, ihn auf seinem Weg um die Sonne begleitet und eine Landeeinheit auf seiner Oberfläche absetzt.

Das wissenschaftliche Kamerasystem OSIRIS wurde von einem Konsortium unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung in Zusammenarbeit mit CISAS, Universität Padova (Italien), Laboratoire d'Astrophysique de Marseille (Frankreich), Instituto de Astrofísica de Andalucia, CSIC (Spanien), Scientific Support Office der ESA (Niederlande), Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (Spanien), Universidad Politéchnica de Madrid (Spanien), Department of Physics and Astronomy of Uppsala University (Schweden) und dem Institut für Datentechnik und Kommunikationsnetze der TU Braunschweig gebaut. OSIRIS wurde finanziell unterstützt von den Weltraumagenturen Deutschlands (DLR), Frankreichs (CNES), Italiens (ASI), Spaniens (MEC) und Schwedens (SNSB).

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