Rosetta-Komet verliert äußere Staubschicht

Der Komet 67P hat fern der Sonne eine Schicht aus interplanetarem Staub angesammelt. Diese löst sich nun ab – und fördert das eigentliche Kometenmaterial zu Tage.

26. Januar 2015

Die ESA-Raumsonde Rosetta bietet derzeit einzigartige Einblicke in den Lebenszyklus der staubigen Oberfläche eines Kometen. In den vergangenen Monaten konnte der Sekundärionen-Massenspektrometer COSIMA an Bord der Sonde mitverfolgen, wie der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko seinen staubigen, äußeren Mantel Schicht für Schicht abstreift. Dafür fängt das Instrument Staubteilchen aus der Umgebung des Kometen ein, bildet sie ab und analysiert ihre Zusammensetzung. Von ihren ersten Ergebnissen berichten die Forscher des COSIMA-Teams in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Nature. Das COSIMA-Team wird vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen geleitet.

Die Studie umfasst den Zeitraum von August bis Oktober vergangenen Jahres. In dieser Missionsphase näherte sich der Komet 67P/Churyumov-Gerasimenko der Sonne von 535 Millionen Kilometern auf 450 Millionen Kilometer an. Während des Großteils dieser Zeit umkreiste die Raumsonde Rosetta „ihren“ Kometen in einer Entfernung von etwa 30 Kilometern.

In den vergangenen Monaten haben Forscher des COSIMA-Teams beobachtet, wie zahlreiche größere Staubkörnchen auf die Sammelplatte ihres Instruments auftreffen - üblicherweise mit relativ geringen Geschwindigkeiten von 1 bis 10 Metern pro Sekunde. Die Teilchen, die ursprünglich einen Durchmesser von mindestens 0,05 Millimetern hatten, zerbrachen beim Aufprall. Dies deutet auf einen vergleichsweise lockeren Aufbau der Staubkörnchen hin. Enthielten sie Eis, würde sich ein anderes Bild zeigen: Sie wären nicht zerbrochen und das Eis wäre kurz nach dem Berühren der Sammelplatte verdunstet und hätte Lücken in der eingefangenen Struktur zurückgelassen.

Die gesammelten Staubkörner besitzen einen hohen Natriumanteil und teilen Eigenschaften mit den sogenannten interplanetaren Staubpartikeln. Diese speisen Meteorschauer wie zum Beispiel die jährlichen Perseiden und Leoniden, die von den Kometen 109P/Swift-Tuttle beziehungsweise 55P/Tempel-Tuttle stammen.

„Die Staubpartikel, die freigesetzt wurden, als der Komet gerade wieder aktiv wurde, sind „luftig“ aufgebaut. Sie enthalten kein Eis, aber viel Natrium. Mit ihnen haben wir das Ausgangsmaterial interplanetarer Staubpartikel gefunden,“ beschreibt Erstautorin Rita Schulz vom Scientific Support Office der ESA.

Die Wissenschaftler nehmen an, dass die untersuchten Körner nach dem letzten Sonnenvorbeiflug auf der Kometenoberfläche „gestrandet“ sind, als die Gasproduktion nachließ  und nicht mehr dazu ausreichte Staubkörner von der Oberfläche wegzuheben.

Während der Staub auf diese Weise an die Oberfläche gebunden war, verdunstete das Gas in geringem Umfang weiter. Der Komet entfernte sich weiter von der Sonne; das Gas verdampfte aus immer tieferen Schichten. Im Ergebnis trocknete der Komet so an der Oberfläche und direkt darunter aus.

„Wir denken, dass diese locker aufgebauten Körnchen von einer staubigen Schicht stammen, die sich seit dem letzten Sonnenvorbeiflug des Kometen aufgebaut hat“, erklärt Martin Hilchenbach vom MPS in Göttingen, Leiter des COSIMA-Teams. „Erst jetzt, wo die Aktivität des Kometen erneut zunimmt, sehen wir, wie sich diese Schicht abbaut. Für die kommenden Monate erwarten wir deshalb, eisreichere Teilchen zu messen.“
Der Komet befindet sich auf einem sechseinhalbjährigen Umlauf um die Sonne und steuert derzeit auf seinen Sonnenvorbeiflug im August dieses Jahres zu. Zu diesem Zeitpunkt werden Rosetta und der Komet lediglich 180 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt sein und sich zwischen den Umlaufbahnen von Erde und Mars befinden.


Wenn der Komet wieder wärmer wird, nimmt die Gasproduktion zu und die Staubkörner, die die trockenen Oberflächenschichten ausmachen, werden in die innere Koma, die Atmosphäre des Kometen, gehoben. Irgendwann wird die eintreffende Sonnenenergie hoch genug sein, um den gesamten alten Staub zu entfernen und neues Material zu Tage zu fördern. „Ein Großteil des staubigen Mantels sollte bis jetzt verloren sein und wir werden bald Teilchen mit ganz anderen Eigenschaften analysieren“, so Schulz.

COSIMA wurde von einem Konsortium unter Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (Deutschland) gebaut in Zusammenarbeit mit  dem Laboratoire de Physique et Chimie de l'Environnement et de l'Espace, CNRS/Université d'Orleans (Frankreich), dem Institut d'Astrophysique Spatiale, CNRS/Université Paris Sud (Frankreich), dem Finnish Meteorological Institute (Finnland), der  Universität Wuppertal (Deutschland), der von Hoerner und Sulger GmbH (Deutschland), der Universität der Bundeswehr (Deutschland), dem Institut für Physik, Forschungszentrum Seibersdorf (Österreich) und dem Institut für Weltraumforschung, Österreichische Akademie der Wissenschaften (Österreich). Das COSIMA-Team wird vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen geleitet.

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